Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Respektvoll reisen
Viele junge Menschen nutzen die Zeit nach dem Schulabschluss oder während der Semesterferien für soziales Engagement. Elefanten pflegen in Thailand, Regenwald schützen in Costa Rica, Englisch unterrichten in Äthiopien. Tierheime, Suppenküchen und Flüchtlingscamps sind oft auf ehrenamtliche Hilfe angewiesen.
Doch mancher ist nicht bereit, für den Freiwilligendienst bis zu einem Jahr frei zunehmen – aus Angst, es schade dem Lebenslauf. Auslandserfahrung mit sozialem Engagement aber ist gern gesehen. Daher liegen kurze Aufenthalte von zwei Wochen bis drei Monaten im Trend. Das nennt sich Voluntourismus: die Verbindung von Freiwilligenarbeit („Volunteering“) und Tourismus.
Besondere Vorsicht ist bei Waisenhäusern geboten
Besonders beliebt ist die Arbeit mit Kindern, etwa in Waisenhäusern. Davor warnt Dorothea Czarnecki, stellvertretende Geschäftsführerin bei ECPAT Deutschland, Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung. „Meist haben Kinder in vielen Ländern Angehörige und werden mit dem Versprechen auf ein besseres Leben aus ihren Familien gelockt“, sagt sie. „Voluntourismus kann somit unbeabsichtigt Korruption und Kinderhandel fördern.“Die Nachfrage ist so groß, dass etwa in Ghana oder Kambodscha Pseudo-Waisenhäuser entstanden sind.
„Kinder sind ein heikles Thema. Bei uns darf auch nicht jeder eine n Das Reiseportal bietet unter www.fairunterwegs.org Infos und Reportagen.
Fair Unterwegs
n Eine interessante Alternative bildet etwa der staatlich geförderte, entwicklungspolitische Freiwilligendienst (www.weltwaerts.de).
Weltwärts
Klasse übernehmen oder eine Kita-Gruppe betreuen“, sagt Nina Sahdeva vom Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung. „Woanders geht das ohne Kontrollen, das ist fragwürdig.“Die Organisation fordert Kontrollen der Regierung. „Beim dauernden Wechsel der Bezugspersonen erleben Kinder immer wieder Verluste. Daher sollen auch qualifizierte Freiwillige nicht unter sechs Monaten in Projekte mit Kindern vermittelt werden“, sagt Sahdeva.
Wie nachhaltig ist das Ganze? In zwei Wochen kann man nicht viel bewirken, deswegen sind für kurze Einsätze besonders Projekte geeignet, bei denen Freiwillige ohne spezielle Erfahrungen mitarbeiten können. Denn auf einen Voluntourismus-Einsatz werden sie in der Regel nicht vorbereitet. Diese Projekte wären etwa Wale beobachten, Vogelpopulationen zählen Erntehilfe.
„Das macht vor allem dann Sinn, wenn man ohnehin vor Ort ist oder einen längeren Aufenthalt plant. Extra den Jet für einen Voluntourismus-Einsatz zu nehmen, wäre wenig nachhaltig“, sagt Sahdeva: „Einen Langstreckenflug buchen, um dann im Regenwald ein Umweltprojekt zu unterstützen – das wäre absurd.“