Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Aus dem Treppenhaus
Nächtliche „Schließzeiten“in Mehrfamilienhäusern sind nicht nur lästig, sie können im Brandfall auch gefährlich sein. Selbstverriegelnde Fluchttürschlösser bieten Sicherheit in beide Richtungen
Nach 22 Uhr muss die Haustür verschlossen sein!“In vielen Mehrfamilienhäusern hängen Schilder mit dieser oder einer ähnlichen Aufschrift – ob spät zurückkehrende Hausbewohner tatsächlich den Schlüssel ein- bis zweimal im Schloss umdrehen müssen, um in den Flur zu gelangen, ist jedoch eine ganz andere Frage. Denn die einen finden das Abschließen unverzichtbar, um Einbrecher abzuwehren, die anderen finden verschlossene Flure nicht nur spießig, sondern auch lästig – und lassen die Tür einfach nur ins Schloss fallen, wenn sie das Haus verlassen.
Weil viele Vermieter und Hausverwaltungen jedoch auf den nächtlichen „Sperrzeiten“bestehen, landen Streitsachen rund um Schloss und Riegel immer wieder vor Gericht – mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Denn die Richter vor Ort nehmen immer eine sorgfältige Interessenabwägung vor, bei der neben der lokalen Einbruchsrate oder der jeweiligen Hausordnung auch die alternativen Fluchtmöglichkeiten im Brandfall eine entscheidende Rolle spielen.
Gerichte sind nicht einer Meinung
So urteilte zum Beispiel das Landgericht Frankfurt am Main im Jahr 2015 (Az.: 213 S 127/12), das Abschließen der Hauseingangstür führe beim Fehlen eines zusätzlichen Notausganges zu einer erheblichen Gefährdung der Mieter, wenn das Gebäude etwa bei Ausbruch eines Feuers nicht ohne einen Schlüssel verlassen werden könne. Denn gerade bei einer durch Flammen oder Rauch ausgelösten Panik müsse man damit rechnen, dass über das Treppenhaus aus ihrer Wohnung flüchtende Personen keinen Haustürschlüssel bei sich tragen.
Eine eindeutige juristische Lösung für das Problem gibt es also nicht, dafür existiert aber zum Glück eine bereits bewährte technische Lösung: Sogenannte selbstverriegelnde Fluchttürschlösser können sowohl rund um die Uhr Einbruchschutz von außen wie auch schlüsselloses Türöffnen von innen sicherstellen. Fällt die Tür ins Schloss, ist sie bei dieser Variante automatisch verriegelt und lässt sich von
außen nur mit dem Schlüssel öffnen. Von innen dagegen wird durch das Herunterdrücken der Klinke nicht nur die „Falle“geöffnet, sondern auch der normalerweise mit dem Schlüssel betätigte Schlossriegel. Zugleich wird die Selbstverriegelungsmechanik vorgespannt, sodass nach dem Schließen nicht nur die Falle, sondern auch der Riegel wieder einrastet. Auch über die elektronische Gegensprechund Schließanlage lässt sie sich jederzeit öffnen – und verriegelt sich danach automatisch wieder. Dass die Tür auf diese Weise gleichzeitig von innen offen und von außen abgeschlossen ist, bestätigen auch die Versicherungen. Formal gilt eine Tür mit selbstverriegelndem Fluchttürschloss deswegen grundsätzlich als abgeschlossen, sodass etwa bei einem Einbruch der Versicherungsschutz auf jeden Fall vollständig greift. Zugleich ist aus Sicht des Brandschutzes für die Bewohner jederzeit gewährleistet, die Haustür als Fluchtweg nutzen zu können.
Vermieter ist für Einbau zuständig
Eine ähnliche Technik findet in öffentlichen Gebäuden und Veranstaltungsräumen Anwendung, um zusätzliche Notausgänge frei zu halten und zugleich unbefugtes Betreten von außen zu verhindern. Allerdings ist diese Technik dort von vorneherein Pflicht, um den Brandschutzverordnungen zu genügen. Wohnungsmieter müssen hingegen den Eigentümer ihres Hauses erstmal überzeugen, die teureren Schlösser einbauen zu lassen.