Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Linke will Straßenausbaubeiträge in Thüringen ab Januar aussetzen
Koalition debattiert Moratorium. Entscheidung über Zeitplan soll Dienstag fallen. Kosten von bis zu 30 Millionen im Jahr
Erfurt. Die rot-rot-grüne Koalition forciert die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Thüringen. Das sogenannte Kernkabinett will am morgigen Dienstag gemeinsam mit den Chefs der Regierungsfraktionen über den konkreten Zeitplan entscheiden. Dies erfuhr die TA aus Koalitionskreisen.
Die Linke-Fraktion möchte bereits im Dezember einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag einbringen. Unabhängig davon soll mit dem 1. Januar 2019 ein Moratorium in Kraft treten, das Haus- und Grundbesitzer sofort von den Abgaben befreit. Die Kommunen würden für die Einnahmeausfälle entschädigt.
Die SPD plädiert dafür, die Ergebnisse eines von den Fraktionen in Auftrag gegebenen Rechtsgutachtens abzuwarten. Es soll erst im Januar vorliegen. Fraktionschef Matthias Hey hat nach TA-Informationen zudem intern eine Alternative zum Moratorium vorgeschlagen: Er will bis zu einer endgültigen Abschaffung der Beiträge allen Kommunen freistellen, auf Straßenausbeiträge zu verzichten.
Diese gesetzliche Änderung ließe sich im Eilverfahren durchsetzen, argumentiert Hey. Anschließend habe man genügend Zeit für eine echte Reform des Kommunalabgabengesetzes.
Die Koalition hatte erst kürzlich das Gesetz geändert. Danach können ausschließlich wohlhabende Gemeinden auf das Eintreiben der Beiträge verzichten. Diese Regelung tritt zum 1. Januar 2019 in Kraft – ist aber laut einem Gutachten des Gemeinde- und Städtebundes verfassungswidrig, da sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße.
Einigkeit besteht in der Koalition darüber, dass es keine rückwirkende Befreiung von den Ausbaubeiträgen geben soll, die örtlich bis in den fünfstelligen Euro-Bereich gehen können. Das heißt: Wer bereits gezahlt hat, bekäme kein Geld zurück. Auch Bescheide, die bis zur Neuregelung verschickt werden, blieben gültig.
Hey wollte die Informationen der Zeitung nicht kommentieren. Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow sagte auf Anfrage nur, dass ihre Partei mit d einem „klaren Fahrplan“in die Verhandlungen gehe.
Seit 1992 haben die Kommunen insgesamt etwa 600 Millionen Euro an Ausbaubeiträgen eingenommen. Diese Einnahmen sollen ihnen künftig vom Land ersetzt werden. Nach Kalkulationen von Fachleuten läuft die Belastung des Thüringer Haushalts auf bis zu 30 Millionen Euro jährlich hinaus.
Die Eile in der Koalition hat auch damit zu tun, dass sich angesichts der Landtagswahlen in einem Jahr das Zeitfenster für Gesetzesänderungen zu schließen beginnt. Zudem wächst die Sorge bei Linke, SPD und Grünen, dass die CDU mit dem Thema in die Kommunalwahlen im Mai 2019 zieht.
Die Unionsfraktion hatte sich zuletzt erstmals offen für eine Abschaffung der Beiträge gezeigt. Zumindest in der SPDFraktion besteht daher die Absicht, die CDU einzubinden.
Rückwirkung ist nicht geplant