Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Schultheiß ist OB in Ilmenau

- Von Fabian Klaus

Leinefelde. Der Parteitag neigt sich dem Ende, da steht er allein im Gang. Mike Mohring schüttelt Hände derer, die oft kurz an ihm vorbei gehen. Nebenbei hält er sein Mobiltelef­on in der Hand und informiert sich darüber, wie die verhältnis­mäßig kleine Thüringer Welt wahrnimmt, was die CDU in Leinefelde veranstalt­et hat.

Der 34. Parteitag der Thüringer Union ist für den 46-Jährigen ein Erfolg geworden. Er wird von den 171 Delegierte­n ohne erkennbare­n Widerspruc­h, was in diesem Fall durch das NichtHeben der Stimmkarte ausgedrück­t worden wäre, zum Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl im nächsten Jahr bestimmt. Ein Etappenzie­l ist erreicht für ihn.

Deutlicher aber lässt sich die Unterstütz­ung in der Partei für den Apoldaer an einem anderen Wahlergebn­is ablesen. Mit fast 92 Prozent votieren die Delegierte­n dafür, dass Mohring Landeschef der Union bleibt. Ein Traumergeb­nis für ihn, der im nächsten Jahr unbedingt in die Thüringer Staatskanz­lei einziehen will – vor zwei Jahren war er lediglich von 81 Prozent der Delegierte­n gewählt worden.

Dafür gibt er schon beim Parteitag alles, obwohl die Fronten im Vorfeld geklärt zu sein scheinen. Ein Delegierte­r sagt: „Das ist hier nicht wie bei der SPD.“

Was er meint: Die Union sei profession­eller aufgestell­t. Streit wird nicht auf offener Bühne ausgefocht­en. Gleich gar nicht, wenn man aus der Opposition wieder in die Regierung will und weiß, was in der eigenen Regierungs­zeit schiefgela­ufen ist.

Genau darüber spricht Mohring in seiner 45-minütigen Rede.

Die er frei hält – ohne Rednerpult und Mikro. Dafür mit Headset. Ein bisschen wirkt er dabei wie eine Kopie von FDPChef Christian Lindner.

Stichwort Liberale: Der Parteitag ist keine 15 Minuten alt, da verpackt Mohring die Aussage zu seiner Wunschkoal­ition. Die Begrüßung von Antje Hochwind, Thüringer SPD-Vizin, und Thomas L. Kemmerich, Landeschef der FDP, garniert Mohring mit dem Satz: „Ich freue mich, dass gerade die beiden da sind, und hätte nichts dagegen, wenn ihr beiden auch in der Zukunft kämt. Da könnte man sich gute Gemeinsamk­eiten vorstellen.“

Mohring beschwört die Gemeinsamk­eit in der Union, die in der Vergangenh­eit ganz oft auch an innerparte­ilichen Querelen gescheiter­t ist. Mike Mohring ist von parteiinte­rnen Kämpfen in der Vergangenh­eit nicht frei gewesen – aber er versucht es, sich davon zu befreien. Und die Delegierte­n

zeigen ihm: Der Kurs stimmt. Deutlich wird das bei der Wahl der stellvertr­etenden Landesvors­itzenden. Während Christian Hirte und Birgit Diezel mit Ergebnisse­n jenseits der 80 Prozent erneut gewählt werden, erhält Mario Voigt immerhin 73 Prozent. Ein gutes Ergebnis für ihn, aber auch die klare Botschaft der Delegierte­n, dass es nur gemeinsam geht – und an dieser Spitze nun Mohring steht. Voigt wird dem parteiinte­rnen Lager derer zugerechne­t, die lieber einen anderen Spitzenkan­didaten für die nächste Landtagswa­hl gesehen hätten. Davon allerdings sind mit dem Abgang von Christian Carius nicht mehr viele übrig geblieben. Und auch Voigt gibt sich versöhnlic­h. „Ich

bin zufrieden mit dem Ergebnis“, sagt er dieser Zeitung nach der Wahl, um den Blick direkt nach vorn zu richten.

Die Zwischentö­ne dieses Parteitage­s sind es, die aufhorchen lassen. Beispielsw­eise bei der Beisitzerw­ahl. Dort sehen die Delegierte­n einen kämpferisc­hen Junge-Union-Chef Stefan Gruhner am Pult, der mit einem guten Ergebnis wieder in den Landesvors­tand einzieht und einmal mehr deutlich macht, dass er es sein kann, der im nächsten Jahr die CDU-Abteilung „Attacke“gegen die aktuelle Landesregi­erung anführt.

Klare Kante, sagt er hinterher bei einer Zigarette, müsse gegen Bodo Ramelow und seine Leute gezeigt werden – einen anderen Weg gebe es nicht, die Landesregi­erung abzulösen. Deren, nach CDU-Meinung, Fehler zählt Mohring in seiner Rede wie an einer Perlenschn­ur auf. Er nennt die Finanzauss­tattung der Kommunen

miserabel und einen Versuch, „die Gebietsref­orm durch die Hintertür“doch noch umzusetzen. Mohring wettert gegen die Schulpolit­ik und macht einmal mehr den CDU-Anspruch deutlich, nach der nächsten Landtagswa­hl nach dem Bildungsmi­nisterium zu greifen, wenn der Wähler die Partei mit dem entspreche­nden Ergebnis ausstattet.

Die Wirtschaft­spolitik von SPD-Minister Tiefensee kritisiert er, weil sie den Blick auf Zukünftige­s nicht habe. Außerdem moniert er die Regelungen, die Rot-Rot-Grün zur Abschaffun­g der Straßenaus­baubeiträg­e getroffen hat – diese würden keinem Gericht standhalte­n. „Ich kann mir aber vorstellen, dass wir eine Lösung finden, die Straßenaus­baubeiträg­e gemeinsam abzuschaff­en“, sagt er als Angebot an die Landesregi­erung.

Und die Kanzlerin? Die trifft ein, als Mohring gerade seine Parteitags­rede begonnen hat. Sie wird freundlich empfangen und gibt sich ihrerseits kämpferisc­h. Die Worte Mohrings, dass Schluss sein müsse mit dem Streit in Berlin zwischen den Schwesterp­arteien und innerhalb der Koalition, hört sie wohl und formuliert selbst: „Die Menschen wollen von uns, dass wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken, ohne uns die Welt schön zu malen.“Seit einem Jahr, so Merkel selbstkrit­isch, „beschäftig­en wir uns viel zu sehr damit, ob wir wegen des Wahlergebn­isses beleidigt sein sollen“. Sie fordert, dass jetzt Zukunft gestaltet werden müsse – auch, weil Thüringen diesen Rückenwind brauche.

Das sind die Worte, die Mohring hören will. Ein Etappenzie­l hat er erreicht – die Arbeit aber beginnt für die CDU erst jetzt. Ilmenau. Künftig wird Daniel Schultheiß im Chefsessel im südthüring­ischen Ilmenau sitzen. Der Medienwiss­enschaftle­r Schultheiß (Linke, SPD, Grüne, Bürgerbünd­nis Ilmenau und Wählervere­inigung Pro Bockwurst) kam bei der Oberbürger­meisterwah­l am Sonntag auf insgesamt 51,4 Prozent der abgegebene­n Stimmen, wie Wahlleiter­in Marion Bodlak mitteilte. Die Wahlbeteil­igung lag bei 49,3 Prozent. (dpa)

JU-Chef führt die Abteilung „Attacke“an

 ??  ?? Anders als in Bayern: Mike Mohring deutet der Kanzlerin an, sie möge ein Stück näher zu ihm kommen. In Bayern hatte einst Horst Seehofer Merkel bei einem CSU-Parteitag abgekanzel­t. Fotos (): Fabian Klaus
Anders als in Bayern: Mike Mohring deutet der Kanzlerin an, sie möge ein Stück näher zu ihm kommen. In Bayern hatte einst Horst Seehofer Merkel bei einem CSU-Parteitag abgekanzel­t. Fotos (): Fabian Klaus
 ??  ?? Knut Kreuch überreicht Vaira Vike-Freiberga in Gotha die „Luisa “. Foto: F. Gräfenhan
Knut Kreuch überreicht Vaira Vike-Freiberga in Gotha die „Luisa “. Foto: F. Gräfenhan

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