Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Demo für neues Brexit-Votum
Moderator befragt werden, sondern Fragen aus dem Publikum beantworten. Der Altersschnitt ist niedrig genug, um bei anderen Parteien Neid auszulösen.
Die ersten Fragesteller bedanken sich artig, dass „der Tarek“an diesem Abend gekommen ist und sich diesem Format „stellt“, bevor sie zu Nahverkehr, zu Breitbandausbau und Sozialpolitik fragen. Und Al-Wazir antwortet: zu Nahverkehrstickets wie dem Schülerticket, einem seiner Erfolge als Minister – rund 400.000 Schüler fahren damit durch ganz Hessen, für umgerechnet einen Euro pro Tag. Zum Fortschritt des Landes beim Glasfaserausbau. Zum bedingungslosen Grundeinkommen. Er ist dagegen, sagt Al-Wazir, und garniert seine Erklärung mit einem Ludwig-Erhard-Zitat: „Leistung muss sich lohnen.“
Al-Wazir, Sohn einer Deutschen und eines Jemeniten, gehört zu den Realos der Partei, zum bürgerlichen Flügel. Der Vater von zwei Söhnen ist laut Umfragen der beliebteste Politiker in Hessen. Im Bundesrat bildete er manchmal eine Achse mit Winfried Kretschmann, etwa bei den Asylpaketen, was ihm bei den Grünen in der Bundestagsfraktion nicht nur Freunde gebracht hat. Manche Parteifreunde bescheinigen ihm Eitelkeit und einen ausgeprägten Machtwillen.
Die Landtagswahl in Hessen wird Auswirkungen haben bis nach Berlin. Die Situation ist mehr als angespannt, sogar ein Bruch der großen Koalition gilt nach weiteren Niederlagen für Union und SPD nicht als ausgeschlossen. Al-Wazir sagt dazu nichts. „Wir wollen so stark werden, dass am Ende keiner an uns vorbeikommt.“Ein wenig vorsichtigen Optimismus erlaubt er sich dann aber doch noch. „Es könnte sein, dass das noch besser gelingt als gedacht.“ London. Etwa 700.000 Menschen haben am Sonnabend in London gegen den Brexit demonstriert. Bürgermeister Sadiq Khan von der oppositionellen Labour-Partei sprach von einem „historischen Moment“der Demokratie. Es war einer der größten Protestzüge in der britischen Hauptstadt seit Jahren. Aufgerufen zu dem Marsch hatte die Kampagne „People’s Vote“, die ein zweites Referendum zum EU-Austritt durchsetzen will. Die Chancen dafür stehen aber äußerst schlecht. Die politisch angeschlagene Premierministerin Theresa May hatte zuvor ein zweites Referendum strikt abgelehnt. (dpa)