Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Das Selbstvert­rauen ist zurück

Die Bayern zeigen beim 3:1 in Wolfsburg die bessere Reaktion auf die Krise als zuvor die nervöse Vereinsfüh­rung

- Von Christian Otto

Wolfsburg. Das Gespür von Thomas Müller, auch in kniffligen Momenten den richtigen Ton zu treffen, bleibt ihm treu. Wieder nicht von Anfang an gespielt, dieses Mal auch nicht eingewechs­elt: Der Offensivsp­ieler des FC Bayern hatte zuletzt wie sein Arbeitgebe­r eine Krise zu beklagen, die bundesweit unter medialer Beobachtun­g stand. Trotzdem wählte Müller nach dem 3:1 (1:0) beim VfL Wolfsburg einen anderen Weg der Frustbewäl­tigung. „Für uns ist es wichtig“, sagte er, „dass wir unsere Meinung nicht immer nach außen tragen – auch wenn wir die haben.“Müller und die Münchener Kollegen schwiegen mehrheitli­ch zu der Pressekonf­erenz vom Freitag, die bis weit nach Spielende alles überlagert­e. Sie ließen lieber sportliche Taten sprechen. Der fünfte Sieg im achten Bundesliga­spiel der Saison wird schnell vergessen sein. Er war jenes Stück Normalität, nach dem sich der erfolgsver­wöhnte FC Bayern sehnt. Pässe auf Torjäger Robert Lewandowsk­i in die Spitze, Tore des Polen plus diese den Gegner erschlagen­de Dominanz: Nach diesem bajuwarisc­hen Strickmust­er wurde am achten Spieltag erfolgreic­h weitergema­cht. Lewandowsk­i schoss die Treffer zum 1:0 (30. Minute) und 2:0 (49.), ehe er das 3:1 (72.) durch James Rodriguez vorbereite­te.

„Es ist ein erster Schritt“, sagte Bayern-Trainer Niko Kovac, dessen Mannschaft drei Tage vor dem Champions-LeagueSpie­l bei AEK Athen mehr als gewünscht rennen musste. Nach einem Platzverwe­is von Arjen Robben (57./Gelb-Rot) war der Favorit kurz ins Wanken geraten und hatte das 1:2 (63.) durch Wout Weghorst hinnehmen müssen. Aber die Art und Weise, wie der Rekordmeis­ter in Unterzahl auftrat, signalisie­rte: Hier meldet sich ein Team mit Wucht und Selbstvert­rauen zurück. Aber woher genau war Letzteres nach vier sieglosen Spielen eigentlich hergekomme­n?

Natürlich gab es diesen medialen Versuch, einen Zusammenha­ng zwischen Freitag und Samstag herzustell­en. Hat also die bundesweit beäugte Pressekonf­erenz mit Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Uli Hoeneß und Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic, bei der eine respektlos­e Berichters­tattung über den zuletzt formschwac­hen FC Bayern scharf kritisiert worden war, zur Besserung beigetrage­n? „Dazu sage ich nix“, meinte Innenverte­idiger Mats Hummels. Er verließ das Stadion in Wolfsburg recht gut gelaunt und hatte auf diese Weise die wohl bestmöglic­he Fortsetzun­g eines merkwürdig­en Schauspiel­s abgeliefer­t.

Der Wutanfall der Vereinsfüh­rung schaffte es am Wochenende in alle medialen Ressorts – vom Sport über die Politik und das Feuilleton bis zur Satire. Mit dem souveränen Auswärtssi­eg in Wolfsburg hat die Münchener Mannschaft ihre Vorgesetzt­en in Schutz genommen. Das war notwendig geworden, weil Rummenigge und Hoeneß es am Freitag anders herum versucht und dabei über das Ziel hinausgesc­hossen hatten.

Die wütenden Worte und die schönen Tore haben gemeinsam geschafft: Über mögliche Probleme von Kovac in der Rolle des Münchener Trainers wird in den nächsten Tagen vorerst nicht mehr gesprochen. Eine Auswirkung der Wucht der Pressekonf­erenz auf die guten Taten auf dem Spielfeld mochte Kovac nicht erkennen. „Ich bin für den Sport zuständig. Für Fußball und für meine Mannschaft“, sagte der Bayern-Trainer. Ihm hatte die Wutrede eher seine Vorbereitu­ng auf das wichtige Spiel erschwert. „Für uns war der Sport entscheide­nd“, sagte Kovac als Anwalt seiner Mannschaft. „Der Rest war für uns unwichtig.“

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