Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Torversprechen in der Halbzeitpause Rot-Weiß-Offensivmann George Kelbel beendet seine elf Spiele währende Flaute – natürlich in Berlin
Berlin. Regionalligist Viktoria Berlin kann von Glück reden, dass zu Werbezwecken nur ein Auto hinter jedem Tor im Stadion stand. Vermutlich wäre es sonst am Freitagabend zu ernsthaften Beschädigungen nach dem Führungstreffer des FC RotWeiß Erfurt gekommen.
Torschütze George Kelbel rastete nach seinem 1:0 regelrecht aus. „Es war wie eine Explosion. Umso schöner, dass es der Siegtreffer war. Besser kann man es sich nicht wünschen“, sagte Kelbel. „Es ist ein geiles Gefühl. Die ganzen Schlagzeilen um den Verein herum perlen auch nicht so einfach an einem ab.“
Bevor Kelbel von den bereits ausgewechselten Tobias Hasse und Darryl Geurts an der Rasenkante eingefangen wurde, hatte der 26-Jährige eine halbe Ehrenrunde gedreht, sich das Trikot vom Leib gerissen und brüllend mit Armen und Beinen herumgefuchtelt. Der Befreiungsschlag für ihn war spürbar riesig.
Elf Spiele lang rannte Kelbel vergeblich einem Tor hinterher, nachdem er am ersten Spieltag mit einem Doppelpack beim 3:0Erfolg bei der VSG Altglienicke in Berlin so hoffnungsvoll in die Saison gestartet war.
Kelbel gehörte wie Danilo Dittrich oder Geurts zu jenen Akteuren, die in dieser Spielzeit nicht zu den Stammkräften zählen. In Berlin leisteten alle ihren Anteil daran, dass es zum achten Mal in Folge keine Niederlage gab. „Es kristallisiert sich immer ein gewisser Stamm in der Saison heraus. Nichts desto trotz haben es die anderen Jungs sehr gut gemacht“, sagte Kapitän Marcel Kaffenberger. „Man sieht, dass wir ein Team sind. Jeder springt für den anderen ein. George Kelbel hatte jetzt auch eine längere Durststrecke. Jetzt hat es endlich wieder geklappt.“
Dass Kelbel seine Flaute beenden konnte, geht ein auch ein bisschen auf die Kappe von Thomas Brdaric. Der Trainer hatte sich Kelbel nach 45 Minuten mitten auf dem Platz bei der Erwärmung geschnappt – und eindringlich auf ihn eingeredet. Bevor sie auseinandergingen, lachte Brdaric. Nach dem Abpfiff klärte er die Situation auf: „Ich habe kurz mit George gesprochen. Ich habe ihn gefragt, was mit ihm ist und ob er mal wieder trifft“, berichtete Brdaric. „Da hat er mich angeschaut und gesagt: ‚Ja, ich mache eins.‘ Er hat sein Versprechen eingehalten.“
Brdaric hatte in Berlin noch ein weiteres Mal in die Trickkiste gegriffen. Mit Verwunderung nahmen die aufmerksamen Zuschauer wahr, dass die Gäste nur einen Bruchteil der Pause in der Kabine verbrachten. RWE kam viel früher auf den Platz zurück als es die Viktoria-Kicker taten. Bei den kühlen Temperaturen hätte das auch in die Hose gehen können. „Es gab eine kurze Ansprache. Ich weiß nicht, ob sie überhaupt eine Minute gedauert hat. Wir wollten so weitermachen wie im ersten Durchgang“, klärte Brdaric auf.
Erfurt hat sich mit dem Sieg in der oberen Tabellenhälfte festgebissen. Zwar beträgt der Rückstand auf Dauersieger Chemnitz weiter satte 16 Zähler. Im Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Bischofswerda, das gegen den BFC Dynamo 0:6 unter die Räder kam, kann Erfurt jedoch nachlegen. Und vielleicht gelingt Kelbel dabei ja auch das erste Heimtor in dieser Spielzeit.
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