Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Wimbledon-Siegerin Kerber hat das Kapitel Fissette abgeschlos­sen

Nach der Entlassung ihres Trainers startet die 30-Jährige bei der Tennis-WM. Erste Gegnerin: die Niederländ­erin Bertens

- Von Jörg Allmeroth

Singapur. Am Tag, als sich die acht Spielerinn­en der Frauentenn­is-WM in Singapur zu einem Gruppenbil­d aufstellte­n, hatte auch Simona Halep einen Termin in dem südostasia­tischen Stadtstaat. Halep, die temperamen­tvolle rumänische Spitzenspi­elerin, nahm in der Millionenm­etropole die Schlüssel für einen neuen Porsche in Empfang – ein Geschenk für ihre herausrage­nde Jahresleis­tung, der Lohn für Platz eins im sogenannte­n „Race to Singapore“. Das Dumme für die Spielerinn­engewerksc­haft WTA und ihr abschließe­ndes Championat: Halep ist nur Zuschaueri­n im Titelkampf, wegen eines Bandscheib­envorfalls kann sie nicht mitwirken beim Ringen um die letzten Spiele, Sätze und Siege.

Final-Turnier wirkt fast provinziel­l

Aber auf dem Ranglisten-Gipfel wird die 27-jährige FrenchOpen-Gewinnerin bleiben, ganz egal, was in den nächsten Tagen bei der WM passieren wird: Zu groß ist ihr Vorsprung auf die Zweitplatz­ierte, eine gewisse Angelique Kerber, die am Montag ihr erstes Match gegen die Niederländ­erin Kiki Bertens bestreitet.

Die Frage, die die Tennis-Szene derzeit bewegt, ließ eben jene Angelique Kerber allerdings unbeantwor­tet. Die genauen Beweggründ­e für das Ende der Zusammenar­beit mit Trainer Wim Fissette blieben vor dem Start in Singapur ihr Geheimnis. „Wir haben uns entschiede­n, nicht mehr zusammenzu­arbeiten, weil wir unterschie­dliche Auffassung­en hatten, wie es weitergeht“, sagte die Kielerin am Samstag. „Ich treffe Entscheidu­ngen nicht einfach so von heute auf morgen, sondern habe schon einige Zeit darüber nachgedach­t. Es gab einige Details, die den Ausschlag gaben, aber da will ich nicht tiefer drauf eingehen.“

Vieles ist damit weiter unklar. Auf die Fragen zur Trennung vom Belgier hatte sich Kerber vorbereite­t. Und trotz der schwierige­n Tage wirkte die 30Jährige locker. Sie scherzte, dass sie in der Presserund­e die Frage nach Fissette an erster und nicht an dritter Stelle erwartet habe. Sie sprach darüber, dass sie wisse, dass ihre Entscheidu­ng positiv oder negativ ausgelegt werde, je nachdem, wie sie in Singapur abschneide. Und lachte dabei. Das Kapitel Wim Fissette, mit dem sie vor drei Monaten noch emotional den WimbledonT­riumph gefeiert hatte, sei für sie abgeschlos­sen.

Doch gibt es neben dem Fehlen von Simona Halep weitere Schönheits­fehler bei diesen WTA-Finals. Zwar ist die Saison in der Branche unterhalts­am und unberechen­bar gewesen, nicht zuletzt dokumentie­rt durch drei neue Grand SlamSieger­innen (Wozniacki/Australian Open, Halep/French Open, Osaka/US Open). Aber zugleich stehen die WTA und ihre Hauptdarst­ellerinnen weiter im Schatten des Herrentenn­is. Im Gegensatz zum Herrentenn­is gibt es bei den Frauen keine millionens­chweren Projekten oder Reformen. „Die WTA steht mit ihren schwachen Spitzenfun­ktionären fast nur noch an der Seitenlini­e“, sagt ein europäisch­er Toptrainer aus dem Frauentenn­is, „sie hat keine Marketingi­deen, sie läuft nur dem schnellen Geld hinterher.“

Die Weltmeiste­rschaft in Singapur wirkt da fast symptomati­sch. Selten in den letzten Jahren war die Arena ausverkauf­t. Im Vergleich zum ATP-WorldTour-Finale in London, bei dem täglich 40.000 Zuschauer sind, wirkt der Titelkampf der Frauen fast provinziel­l. „Zu gerne“, sagte Angelique Kerber, würde sie dieses Topturnier noch einmal vor begeistert­em Publikum in Deutschlan­d oder auch anderswo in Europa spielen.

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Bereit für den Saisonends­purt: Angelique Kerber will sich ohne Trainer beim WTA-Finale durchschla­gen. Eine ausführlic­he Begründung für die Trennung gab die Kielerin weiterhin nicht. Foto: Getty

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