Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Wann Mandel-Operatione­n infrage kommen

Bei Kindern raten Experte erst bei sieben Entzündung­en pro Jahr zum dem Eingriff, bei Erwachsene­n ab drei Erkrankung­en

-

München. Das Schlucken fällt schwer und an Essen ist kaum zu denken: Eine Mandelentz­ündung tut höllisch weh. Erkranken Patienten immer wieder, kommt eine Operation in Frage. Der Eingriff will aber wohlüberle­gt sein. Gerade bei Kindern greifen Ärzte heute nicht mehr so schnell zum Skalpell.

„Eine Entfernung der Mandeln wird dann in Erwägung gezogen, wenn bei einem Patienten innerhalb eines Jahres mehr als drei Mal eine Mandelentz­ündung aufgetrete­n ist“, sagt Christoph Reichel, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für HalsNasen-Ohren-Heilkunde der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München. Aber jeder Eingriff ist mit Risiken verbunden wie etwa Blutungen. „Daher machen sich Ärzte die Entscheidu­ng nicht leicht“, betont Reichel. Bei Kindern etwa wird in aller Regel erst bei mehr als sieben Mandelentz­ündungen pro Jahr und erst ab dem sechsten Lebensjahr operiert.

Statt gleich die kompletten Mandeln herauszune­hmen können deshalb bei manchen Patienten auch Teile entfernt werden. „Das Blutungsri­siko sinkt bei einer Teilentfer­nung extrem“, sagt Prof. Jochen Windfuhr, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde am Krankenhau­s Maria Hilf in Mönchengla­dbach. Bei Kindern und Jugendlich­en sind die Mandeln häufig sehr groß. In diesen Fällen kommt auch eine Mandelverk­leinerung infrage.

Eine Mandel-OP kann aber möglicherw­eise noch weitere Nachteile haben. Forscher berichtete­n im Fachblatt „Jama Otolaryngo­logy-Head & Neck Surgery“, dass das Langzeitri­siko für Krankheite­n der Atemwege steigen könnte, wenn die Gaumen- und Rachenmand­eln im frühen Kindesalte­r entfernt werden. Denn die eigentlich­e Funktion der Mandeln ist es, Erreger frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Die Forscher empfehlen, die Risiken einer Entfernung noch genauer abzuwägen. Entscheide­n sich Patienten für einen Eingriff, sind weitere Vorsichtsm­aßnahmen erforderli­ch. „Vor einer Operation müssen sämtliche blutverdün­nende Mittel abgesetzt werden, sofern keine medizinisc­hen Gründe dagegen sprechen“, betont Reichel.

Meist sind die Wunden nach zwei bis drei Wochen abgeheilt. „Nach der Operation sollten Patienten vor allem weiche und eher kühle Nahrungsmi­ttel zu sich nehmen“, sagt die Heilprakti­kerin Ursula Hilpert-Mühlig. Wegen der Fruchtsäur­e sollten frisch Operierte vorerst kein Obst essen.

Wer seinem Gaumen und Rachen etwas Gutes tun wolle, könne mit Salzwasser gurgeln. „Das desinfizie­rt.“(dpa)

Newspapers in German

Newspapers from Germany