Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Dreizähniges Knabenkraut fühlt sich in der grünen Mitte wohl
Arbeitskreise Heimischer Orchideen geben die Orchidee des Jahres 2019 bekannt und sprechen über Artenvielfalt
Arnstadt. Ein Jahr lang haben sie dicht gehalten. Am Samstagmittag nun lüfteten die Vorstände der Arbeitskreise Heimischer Orchideen Deutschlands in Arnstadt das Geheimnis: Das Dreizähnige Knabenkraut erhält den Titel „Orchidee des Jahres 2019“.
Fachleute aus ganz Deutschland kamen nach Arnstadt, um hier drei Tage lang im Rahmen ihrer Jahrestagung über das Thema Artenvielfalt zu sprechen. Die haben die Ehrenamtler auch im Blick, wenn es darum geht, in ihren Heimatregionen Biotope zu pflegen. „Dabei muss man immer Kompromisse eingehen“, weiß Jutta Haas, Vorsitzende des hessischen Arbeitskreises.
Schaffe man ideale Bedingungen für bestimmte Orchideenarten, schade man mit diesen Pflegemaßnahmen womöglich anderen, ebenso seltenen Arten. Man müsse die Arbeiten schon aufeinander abstimmen, um für ein möglichst breites Artenspektrum zu sorgen.
Genau ein Jahr ist es her, dass die Experten die Orchidee des Jahres 2019 aussuchten. Bekannt gegeben wird sie traditionsgemäß erst zur folgenden Jahreshauptversammlung.
Die Wahl fiel diesmal nicht auf eine extrem seltene Art, sondern auf eine Orchidee, die dort, wo sie wächst, gern massenhaft vorkommt. „Nur hat sie in Deutschland nicht allzu viele Standorte“, verrät der Arnstädter Volker Kögler. Denn das Dreizähnige Knabenkraut wächst bevorzugt auf Zechsteinböden. Den gibt es vor allem in Hessen und Thüringen. Im Orlatal kommt die Orchidee recht häufig vor, auch am Rand des Thüringer Waldes, etwa bei Bad Liebenstein und Gumpelstadt. „Wir haben sie aber auch schon im Ilm-Kreis gefunden, etwa bei Branchewinda“, so Kögler.
Wo das Dreizähnige Knabenkraut ideale Bedingungen vorfindet, sprießt es gern in ganzen Familien. Bis zu 40 Zentimeter hoch können die lilafarbenen Blütenstände werden.
Die Pflanzen verschwinden aber auch ganz schnell, wenn ihre Standorte verbuschen, weiß Jutta Haas. Wacholder etwa mag Trockenrasenflächen ebenso wie die Orchideen, wuchert aber schnell über alles hinweg.
Genau hier setzen die Aktionen der Arbeitskreise an. Mit viel eigener Muskelkraft kümmern sie sich um Biotope, vermitteln, verhandeln, damit auch andere landschaftspflegerische Maßnahmen in solchen Gebieten greifen.
Gegen wuchernden Wacholder hilft zum Beispiel die regelmäßige Beweidung durch Schafe, so die Experten. Nur handelt es sich oft um Flächen, die zu klein sind, um von Landwirten wirtschaftlich gepflegt werden zu können. Zum Glück gebe es Förderprogramme, die dabei helfen, solche Biotope offen zu halten. Mit Erfolg, weiß Jutta Haas. Sie kennt selbst einst verbuschte Trockenhänge, die freigeschnitten und beweidet wurden. Kurze Zeit später waren dort wieder seltene Pflanzen zu finden.
Mit der Wahl der Orchidee des Jahres wird auf genau solche Problematiken aufmerksam gemacht. Ein Kalender, vom Landesverband Niedersachsen entworfen, hilft ebenso wie das von den Thüringern gestaltete Faltblatt, das das Dreizähnige Knabenkraut vorstellt.
Im Rahmen ihrer dreitägigen Tagung gingen die Orchideenfreunde auf Exkursion ins Jonatal und in die Thüringeti, besuchten Griesheim und hörten spannende Fachvortrage.
Am Sonntag schließlich schlossen sich die Türen zum Tagungszimmer: Die Orchidee des Jahres 2020 wurde ausgesucht. Traditionsgemäß beginnt nun wieder das Stillschweigen. Erst im kommenden Jahr verraten die Arbeitskreise, welche seltene, wunderschöne Pflanze den Ehrentitel tragen darf.