Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
In den todtraurigen Schluchten der romantischen Seele
Eine Schumanniade bietet eine erfreuliche Wiederbelebung der einst so beliebten Arnstädter Rathauskonzerte
Arnstadt. Dem Duo Junko Tsuchiya (Klavier) und Jörg Reddin (Bassbariton) gelang es am Samstagabend im Rathaussaal auf charmante Weise, die Aura der 1993 ausgestorbenen Rathauskonzerte wieder zu beleben. Beide Solisten brachten genügend romantische Seele ins Spiel, um den Klavier- und Liederabend zu einem künstlerischen Erfolg zu verhelfen.
Überdies war es auch die Begegnung dreier musikalischer Weltstädte, denn die in Tokio geborene und in Wien lebende Pianistin spielte in Arnstadt mit dem Arnstädter Kantor und ihrem ehemaligem Gesangsschüler zusammen. Tokio, Arnstadt, Wien, welch magisches Dreieck!
Der hochromantische Liederund Klavierabend, der überwiegend Robert Schumann (18101856) gewidmet war, wurde stilvoll ein- und ausgeläutet durch den großen spätromantischen Klangzauberer Richard Strauss (1864-1949). Sein „Traum durch die Dämmerung“führte gleich ins Herz der Romantik und mit seinem bewegenden „Ruhe meine Seele“hätte man das Konzert nicht besser beenden können.
Hauptbestandteil des Rathaussaal-Konzertes war aber wie gesagt Robert Schumann, dessen „Kinderszenen op.15“und „Liederkreis op. 39“sich auf lockere Weise ineinander verschränkten. Beide Zyklen boten pianistische und gesangliche Virtuosität, die sich mit dem todtraurigen Gefühl der Romantik und den begnadeten Texten von Joseph von Eichendorff (17881857) verband.
Kurioses vom Ritter von Steckenpferd
Man merkte den beiden Solisten deutlich ihr romantisches Talent und ihre große Spiel- und Sangesfreude an, die recht bald auf die Zuhörer übergingen, die den Rathaussaal immerhin etwa hälftig füllten. Und so wurde man unversehens in die todtraurigen Schluchten der romantischen Seele hinuntergezogen und fühlte sich in ihnen auch noch erstaunlich wohl.
Nur vereinzelt erhob sich Kurioses wie „Ritter vom Steckenpferd“oder fast Heiteres, aber den Gesetzen der Hochromantik gemäß landete man, wie die Titel „In der Fremde“, „Wehmut“oder „Zwielicht“verdeutlichten, sehr schnell wieder in der Traurigkeit der Dämmerung und des Todes.
Auch Franz Schubert (17971828), dem Meister des Überganges von der Klassik zur Romantik, wurde am Schluss des gefühlvollen Konzertes ein musikalisches Denkmal gesetzt. Zunächst spielte Junko Tsuchiya das verträumte „Allegretto Es-Dur“aus „Drei Klavierstücke D 946“, das sich bestens in den Lieder- und Klavierabend einfügte.
Und dann erklang sein Hit „Der Erlkönig“nach der berühmten Ballade von Johann Wolfgang von Goethe (17491832), in einer hochintensiven Interpretation, die dem begeisterten Publikum noch einmal wohlige Schauer über den Rücken rinnen ließ.