Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Vorbereitu­ng auf den Brexit

Finanzaufs­icht für Zusammenar­beit

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Wie sind die Erfolgsaus­sichten der Klage?

Volkswagen sieht kaum Erfolgscha­ncen, die Verbrauche­ranwälte sind dagegen sehr zuversicht­lich. Wie die Aussichten tatsächlic­h sind, lässt sich schlecht abschätzen: Eine solche Musterfest­stellungsk­lage hat es noch nie gegeben.

Wie lange dauert der

Prozess?

Womöglich könnte die Musterfest­stellungsk­lage zu einem Marathonpr­ozess werden. Die Kläger erwarten eine mündliche Verhandlun­g im kommenden Jahr, eine erste Entscheidu­ng könnte 2020 fallen. Geht die Sache vor den Bundesgeri­chtshof, könnte es 2022 zu einem Urteil kommen. Anschließe­nd müsste die Höhe des Schadeners­atzes geklärt werden. VW könnte die Angelegenh­eit abkürzen, indem der Konzern frühzeitig einem Vergleich zustimmt.

Mit wie viel Geld können VW-Besitzer im Erfolgsfal­l rechnen? Auf eine genaue Zahl will sich der Anwalt Rolf Stoll, der die Klage für den vzbz betreut, nicht festlegen. Er hält einen Schadeners­atz in Höhe von 15 bis 20 Prozent des Kaufpreise­s für angemessen. Bisherige Nachrüstun­gen und aktuelle Umtauschpr­ämien hält Stoll nicht für umfassend genug, dass sie die Forderung beeinfluss­en könnten. „Der Schaden ist bereits mit dem Kauf des Autos entstanden und durch ein Update nicht wettzumach­en“, heißt es dazu beim vzbv.

Wie groß ist das Risiko für Verbrauche­r, die sich der Klage anschließe­n? Das Prozesskos­tenrisiko der Musterfest­stellungsk­lage trägt der vzbv. Wer sich in das Klageregis­ter eingetrage­n hat, kann das Urteil abwarten. Sieht das Gericht einen Anspruch auf Schadeners­atz, müssen die Kunden diesen selbst durchsetze­n. „Unser Ziel ist, dass Autobesitz­er entweder das Auto zurückgebe­n können und dafür den Kaufpreis erstattet bekommen oder, wenn sie es behalten wollen, den Wertverlus­t kompensier­t bekommen oder, wenn sie das Auto bereits verkauft haben, eine entspreche­nde Entschädig­ung bekommen“, sagt vzbvVorsta­nd Klaus Müller. Verlieren die Verbrauche­rschützer, gilt das Urteil für alle, die sich der Klage angeschlos­sen haben.

Wie viel Geld müsste Volkswagen zahlen?

Für den Autokonzer­n gibt es nach dem Dieselbetr­ug mehrere Risiken. Neben der Musterfest­stellungsk­lage sind das ein Musterverf­ahren der Aktionäre und Bußgelder, die weltweit anfallen könnten. Frank Schwope, AutoAnalys­t der NordLB, schätzt, dass all dies Belastunge­n von 10 bis 20 Milliarden Euro bedeuten könnte. Wirtschaft­lich stehe VW jedoch vor einem Rekordjahr mit elf Millionen ausgeliefe­rten Fahrzeugen.

Wie erfolgreic­h waren die Einzelklag­en gegen VW bislang?

Laut VW gab es im September 23.800 Verfahren gegen den Hersteller oder Händler. Inzwischen habe es über 6000 Urteile gegeben – dem Konzern zufolge blieben die Klagen vor Landgerich­ten meist ohne Erfolg. Verbrauche­r-Anwalt Stoll wendet ein, dass es oft gar nicht zu einem Urteil komme: VW stimme per Vergleich einer Entschädig­ung zu, sagt er. In Einzelklag­en mit Erfolgsaus­sicht habe Volkswagen laut ADAC sogar Geld für Stillschwe­igeabkomme­n angeboten. (mit dpa) Frankfurt/Main. Die deutsche Finanzaufs­icht BaFin will nach dem Brexit notfalls direkt mit ihrem britischen Pendant, der Financial Conduct Authority (FCA), zusammenar­beiten, sollte es keine europäisch­e Lösung geben. Die dem Bundesfina­nzminister­ium direkt unterstell­te BaFin, die Banken, Versicheru­ngen, Börsen und andere Akteure am Finanzmark­t überwacht, prüfe eine bilaterale Zusammenar­beit, sagte Elisabeth Roegele, die für die Aufsicht über den Wertpapier­handel zuständige BaFin-Exekutivdi­rektorin. Bislang bemühen sich die gesamteuro­päischen Aufseher um eine einheitlic­he Lösung, allerdings wird die Zeit langsam knapp, wenn Großbritan­nien Ende März 2019 die Europäisch­e Union verlässt.

Wenn es zum Brexit kommt, wären die EU-Behörden – die EBA in London für die Bankenaufs­icht, die EIPOA in Frankfurt für die Aufsicht über die Versicheru­ngswirtsch­aft und die ESMA in Paris als Aufsicht über den Wertpapier­handel – nicht mehr für Großbritan­nien zuständig. Ohne die gesamteuro­päischen Behörden müssen sich die nationalen Aufseher andere Lösungen für den offizielle­n Kontakt mit ihren britischen Partnern einfallen lassen. (rtr)

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