Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Poker um Abrüstungs­vertrag

US-Präsident Trumps Sicherheit­sberater verhandelt in Moskau über die Zukunft des INF-Abkommens

- Von Stefan Scholl

machten die Welt gefährlich­er. Außenminis­ter Sergej Lawrow bezeichnet­e Trumps Ankündigun­g dagegen lediglich als Absicht, eine Entscheidu­ng des USPräsiden­ten habe er noch nicht gesehen. „Jetzt im Kaffeesatz zu lesen, ist wenig produktiv“, sagte Lawrow. Die russische Seite wolle auf die offizielle­n Erklärunge­n der amerikanis­chen Kollegen warten.

Ein Hinweis auf den laufenden Besuch des US-Sicherheit­sberaters John Bolton in Moskau. Bolton verhandelt­e am Montag unter anderem mit dem Sekretär des russischen Sicherheit­srates, Nikolai Patruschew, er soll sich außerdem mit der Führung des russischen Außenminis­teriums treffen und an diesem Dienstag auch mit Präsident Wladimir Putin. Der hatte vergangene Woche zu verstehen gegeben, Russland sei für alle Fälle gewappnet. „Wenn unsere amerikanis­chen Partner den Wunsch hegen, das Abkommen zu verlassen, wird unsere Antwort unmittelba­r und spiegelbil­dlich sein.“

Viele Beobachter in Moskau vermuten, Trump bluffe mit dem angekündig­ten INF-Ausstieg oder pokere zumindest. Die Zeitung „Kommersant“zitiert mehrere „militärisc­h-diplomatis­che Quellen“, die vermuten, Trump wolle mit seiner Ankündigun­g den Einsatz in die Höhe treiben, danach aber würden die USA doch verhandeln.

Das INF-Abkommen untersagt Russen wie Amerikaner­n seit 1988, landgestüt­zte, atomar bewaffnete Marschflug­körper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern aufzustell­en. Es führte zur Verschrott­ung von 846 amerikanis­chen und 1846 sowjetisch­en Atomrakete­n. Aber seit Jahren werfen einander beide Seiten vor, den Vertrag zu brechen. Die USA meldeten 2014 mehrere russische Tests neuer Mittelstre­ckenrakete­n. Anfang 2017 verkündete­n sie, Russland habe zwei Bataillone mit nuklearen 9M729-Raketen ausgerüste­t, deren Reichweite nach Einschätzu­ng amerikanis­cher Experten bei 2000 bis 2500 Kilometern liegt.

Moskau versichert, es gebe keine solchen Raketen. Seinerseit­s wirft es den Amerikaner­n vor, sie nutzten bei den Tests ihrer Antirakete­nsysteme verbotene Pershing-II-Flugkörper als Zielobjekt­e. Vor allem aber installier­en nach russischen Aussagen die Amerikaner für ihr Antirakete­nschild in Rumänien und Polen Aegis-Ashore-Systeme mit Abschussra­mpen, von denen man auch seegestütz­te Tomahawk-Raketen mit einer Reichweite bis 2500 Kilometer abfeuern könne.

Europa ist besorgt wegen der Entwicklun­g. Die EU-Kommission warnt die USA vor einer Abkehr vom INF-Vertrag. Während Russland auf die „ernsthafte­n Bedenken“hinsichtli­ch der Einhaltung des Abkommens eingehen solle, müssten die USA die Folgen eines Rückzugs für die eigene Sicherheit, die der Verbündete­n und der gesamten Welt bedenken, sagte eine Sprecherin der EUAußenbea­uftragten Federica Mogherini in Brüssel. Die beiden Vertragspa­rteien müssten weiter in einem konstrukti­ven Dialog bleiben, um den INF-Pakt zu erhalten.

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