Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Poker um Abrüstungsvertrag
US-Präsident Trumps Sicherheitsberater verhandelt in Moskau über die Zukunft des INF-Abkommens
machten die Welt gefährlicher. Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete Trumps Ankündigung dagegen lediglich als Absicht, eine Entscheidung des USPräsidenten habe er noch nicht gesehen. „Jetzt im Kaffeesatz zu lesen, ist wenig produktiv“, sagte Lawrow. Die russische Seite wolle auf die offiziellen Erklärungen der amerikanischen Kollegen warten.
Ein Hinweis auf den laufenden Besuch des US-Sicherheitsberaters John Bolton in Moskau. Bolton verhandelte am Montag unter anderem mit dem Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, er soll sich außerdem mit der Führung des russischen Außenministeriums treffen und an diesem Dienstag auch mit Präsident Wladimir Putin. Der hatte vergangene Woche zu verstehen gegeben, Russland sei für alle Fälle gewappnet. „Wenn unsere amerikanischen Partner den Wunsch hegen, das Abkommen zu verlassen, wird unsere Antwort unmittelbar und spiegelbildlich sein.“
Viele Beobachter in Moskau vermuten, Trump bluffe mit dem angekündigten INF-Ausstieg oder pokere zumindest. Die Zeitung „Kommersant“zitiert mehrere „militärisch-diplomatische Quellen“, die vermuten, Trump wolle mit seiner Ankündigung den Einsatz in die Höhe treiben, danach aber würden die USA doch verhandeln.
Das INF-Abkommen untersagt Russen wie Amerikanern seit 1988, landgestützte, atomar bewaffnete Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern aufzustellen. Es führte zur Verschrottung von 846 amerikanischen und 1846 sowjetischen Atomraketen. Aber seit Jahren werfen einander beide Seiten vor, den Vertrag zu brechen. Die USA meldeten 2014 mehrere russische Tests neuer Mittelstreckenraketen. Anfang 2017 verkündeten sie, Russland habe zwei Bataillone mit nuklearen 9M729-Raketen ausgerüstet, deren Reichweite nach Einschätzung amerikanischer Experten bei 2000 bis 2500 Kilometern liegt.
Moskau versichert, es gebe keine solchen Raketen. Seinerseits wirft es den Amerikanern vor, sie nutzten bei den Tests ihrer Antiraketensysteme verbotene Pershing-II-Flugkörper als Zielobjekte. Vor allem aber installieren nach russischen Aussagen die Amerikaner für ihr Antiraketenschild in Rumänien und Polen Aegis-Ashore-Systeme mit Abschussrampen, von denen man auch seegestützte Tomahawk-Raketen mit einer Reichweite bis 2500 Kilometer abfeuern könne.
Europa ist besorgt wegen der Entwicklung. Die EU-Kommission warnt die USA vor einer Abkehr vom INF-Vertrag. Während Russland auf die „ernsthaften Bedenken“hinsichtlich der Einhaltung des Abkommens eingehen solle, müssten die USA die Folgen eines Rückzugs für die eigene Sicherheit, die der Verbündeten und der gesamten Welt bedenken, sagte eine Sprecherin der EUAußenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel. Die beiden Vertragsparteien müssten weiter in einem konstruktiven Dialog bleiben, um den INF-Pakt zu erhalten.