Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Digitale Spuren

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Neulich fragte mich mein Vater via Handy, ob ich ihn doch bitte mal Hämorrhoid­ensalbe aus der Apotheke mitbringen könne. Na klar – ich liebe meinen alten Herren und spekuliere außerdem auf einen erkläglich­en Erbanteil. Er schickte mir natürlich noch via WhatsApp das genau gewünschte Produkt, manchmal ist mein Vater ein Pedant, aber ich mag ihn trotzdem.

Am Abend – ich hatte ihm das Gewünschte vorbei gebracht und natürlich geguckt, ob in der elterliche­n Wohnung noch alles an seinem Platz ist und auf den Meißner-Porzellant­ellern unten auch mein Namensschi­ldchen klebt – staunte ich dann aber nicht schlecht. Als ich meinen Mailaccoun­t öffnete, da kam doch prompt Werbung für Hämorrhoid­ensalbe.

Fachleute nennen das digitale Spuren, die wir überall im Netz hinterlass­en. Auch meine Frau profitiert davon. Sie hat mir so eine Gesundheit­sapp auf meinen Smartphon installier­t, die meine Schritte zählt, wenn ich mit dem Dackel Gassi gehe. Schöner Mist. Bei 30 Grad im Schatten machen wir natürlich möglichst wenige Schritte, und das bekommt mein Weib dann immer gleich mit. Dann heißt es: „Na, dann kannste ja noch Rasen mähen.“Bei 30 Grad!

Ich habe schon überlegt, ob ich das Handy den Dackel auf den Rücken binde. Der macht mit seinen kleinen und vier OBeinen erheblich mehr Schritte als ich. Auch auf den kleinen Runden.

Wäre das dann Betrug? Nein. Das wäre Verwischen digitaler Spuren.

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