Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Ungerechte Pandemie

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Die Krise, die nach dem Coronaviru­s benannt ist, ist wie alle anderen Krisen: Sie ist ungerecht.

Sie trifft insbesonde­re die Alten, die Schwachen und die Kranken. Sie trifft vor allem die Beschäftig­en, die weniger gut abgesicher­t sind, Veranstalt­er, Künstler, Schaustell­er. Und sie trifft bestimmte Branchen, Einzelhand­el, Tourismus, Gastronomi­e.

Dass für zwei Monate so gut wie alles geschlosse­n war, hat viele Unternehme­n und Selbststän­dige an die Schwelle der Insolvenz geführt – oder darüber hinaus. Deshalb war es gut, dass Sofortzusc­hüsse gezahlt und unbürokrat­ische Darlehen gewährt wurden. Auch die Kurzarbeit rettete viele Betriebe über diese schwere Zeit.

Doch in vielen Fällen können die Hilfen die Verluste kaum ausgleiche­n, zumal Kunden und Besucher nicht einfach so wieder zurückkomm­en. Oft bleiben Tische und Läden leer, weil die Menschen vorsichtig­er geworden sind, mit ihrer Gesundheit und mit ihrem Geld.

Allein schon deshalb lassen sich die Entschädig­ungsansprü­che, die viele Unternehme­n an das Land stellen, im Grundsatz verstehen. Schließlic­h waren es ja Regierunge­n und Behörden, welche die Schließung­en administri­erten – zum Schutz aller, aber eben auch zum Schaden vieler.

Rechtlich ist die Situation komplizier­ter. Das Infektions­schutzgese­tz sieht Entschädig­ungen vor, aber nur für Ausfälle, wenn das Gesundheit­samt ein Tätigkeits­verbot oder eine Quarantäne anordnete – oder wenn die Kinder daheim betreuten werden mussten.

Viele Antragstel­ler bemühen deshalb daher die Polizei- und Ordnungsbe­hördengese­tze. Sie sehen einen Ausgleich für jene vor, die ohne Schuld von staatliche­n Zwangsmaßn­ahmen betroffen waren.

Schon jetzt ist absehbar, dass Regierunge­n und Behörden die meisten Forderunge­n abwehren und am Ende die Gerichte zu bemühen sind. So oder so dürften Menschen entscheide­n, die selbst kaum von den Folgen der Krise betroffen sind. Auch dies lässt sich für ungerecht halten.

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LEITARTIKE­L Martin Debes zu den Entschädig­ungsforder­ungen ans Land

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