Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Gastgewerb­e leidet unter Bürokratie

Im Jahr entstehen Kosten von 15.000 bis 60.000 Euro. IHK fordert Reduzierun­gen

- Von Ulrike Merkel

Gera. Zwischen 15.000 und 60.000 Euro müssen Gastronome­n und Hoteliers im Jahr für Bürokratie aufwenden. Für die Industrie- und Handelskam­mer Ostthüring­en (IHK) deutlich zu viel. Auch mit Blick auf die schwierige Situation durch die Corona-Krise fordert die Kammer die Politik auf, Thüringer Unternehme­n im Gastgewerb­e „von unnötigen und aufwendige­n Informatio­ns- und Meldepflic­hten zu befreien“.

Allein in Ostthüring­en würden davon 2700 Betriebe profitiere­n. Neue Gesetze sollten zudem vor ihrer Einführung in Praxis-Checks getestet werden. Überflüssi­ge Vorschrift­en

gebe es viele, sagt Monika Lips, Inhaberin des Geraer Hotels Zwergschlö­sschen und Vorsitzend­e des Tourismus-Ausschusse­s der Industrieu­nd Handelskam­mer Ostthüring­en. „So müssen laut Hygienevor­schrift Gastro-Unternehme­r zum Beispiel die Temperatur­en von Kühlschrän­ken täglich per Hand in ein Formular eintragen und ein Jahr aufbewahre­n – selbst dann, wenn sie über ein automatisc­hes und digitales Mess-System verfügen.“

Auch für die Schankanla­ge müsse ein eigenes Buch geführt werden, erläutert Lips. Ebenso wie für den Fettabsche­ider, also für jene Anlage, die Fette und Öle vom Abwasser trennt, bevor es in die Kanalisati­on fließt. Auch die Meldezette­l in Hotels

und Pensionen sollten nach Ansicht der Ausschussv­orsitzende­n als umständlic­hes „Relikt aus der Kaiserzeit“endlich abgeschaff­t werden. Da Hotelmitar­beiter eh nicht befugt seien, sich Ausweispap­iere vorlegen zu lassen, würden die Zettel keinesfall­s helfen, Kriminalit­ät einzudämme­n. „Die Aussage des Scheins ist gleich Null“, betont Lips. „Aber die Bürokratie will es so, also wird der Meldeschei­n dem Gast vorgelegt, ausgefüllt, abgeheftet und jahrelang aufbewahrt.“

Allein die Dokumentat­ionen des Zwergschlö­sschens umfassen knapp 50 Regalmeter. Als Monika Lips den Beruf der Hotelfachf­rau erlernte, dachte sie bei Leibe nicht daran, mit welchen gesetzlich­en

Verpflicht­ungen sie sich mal beschäftig­en muss. Ähnlich geht es ihrem Koch. Ein spontanes Saisongeri­cht könne er nicht mehr zubereiten. Denn jede Speise, Beilage und Soße müsse aufwendig dokumentie­rt werden, damit man es dem Gast, falls gewünscht, vorlegen könne. „Gefragt hat noch keiner“, sagt Lips. Von den mehr als 100 Vorschrift­en betreffen laut IHK Ostthüring­en 57 Prozent auch andere Branchen, etwa die Vorgaben zu Personal, Betriebsfü­hrung, Steuern und Sozialabga­ben. „Somit würde die Umsetzung der Vorschläge für Bürokratie-Entlastung­smaßnahmen zu einem umfassende­n Reduktions­programm beitragen“, hebt die Kammer hervor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany