Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
„Wir können jeden schlagen“
Hollands Trainer Frank de Boer weiß um die große Qualität seiner Spieler und schlägt forsche Töne an
Besonders oft lacht Frank de Boer nicht in der Öffentlichkeit. Der Trainer der niederländischen Nationalmannschaft ist ein eher nachdenklicher Mann, doch auf der Pressekonferenz nach dem 2:0 gegen Österreich erschien plötzlich ein strahlendes Leuchten auf seinem Gesicht. Er war gefragt worden, ob seine Mannschaft nach dem zweiten Sieg im zweiten Spiel und dem sehr souveränen Einzug ins Achtelfinale zu den Favoriten auf den Em-titel gehöre. Das gefiel de Boer. „Es ist schön, sich qualifiziert zu haben, wir freuen uns“, sagte er, wies kurz auf „eine Menge Sachen“hin, die es noch „zu verbessern“gelte, und erklärte: „Ich weiß, wenn wir unser Bestes zeigen, dann können wir jeden schlagen.“
Derart forsche Töne sind neu bei den Niederländern, die nach verpassten Turnierteilnahmen 2016 und 2018 lange von einer Skepsis begleitet wurden, die auch jetzt noch nicht verflogen ist. Aber die Entwicklung dieser Mannschaft hat viele Niederländer überrascht.
Denn für Aufsehen sorgen weniger die Stars, wie Stefan de Vrij (Inter Mailand), Matthijs de Ligt (Juventus Turin) oder Frenkie de Jong (FC Barcelona), die bei Weltklubs spielen, als Leute, deren Karrieren mit Skepsis betrachtet werden. Wout Weghorst zum Beispiel, dessen wenig filigrane Spielweise nur schwer mit den Vorstellungen vieler Holländer von einem ästhetisch adäquaten Fußball zusammenpasst. Oder Memphis Depay, der schon 27 Jahre alt ist und ein großartiger Fußballer sein kann, der aber am Versuch scheiterte, sich bei Manchester United zu etablieren. Zuletzt verpasste er mit Olympique Lyon die Teilnahme an der Champions League. Oder Denzel Dumfries, der als Außenverteidiger mehr oder weniger alleine den ganzen rechten Flügel beackern soll, was dem Profi der PSV Eindhoven kaum jemand zugetraut hätte.
Dumfries war an allen niederländischen Turniertreffern beteiligt. Das 1:0 gegen Österreich fiel per Elfmeter, nachdem David Alaba ihn gefoult hatte, das 2:0 schoss er selbst. Gegen die Ukraine gelang ihm das Siegtor, nachdem er die ersten beiden Tore mit energischen Flügelläufen vorbereitet hatte. De Boer lobte „die Geschwindigkeit, die Entschlossenheit und die Kraft“, seiner Mannschaft, die keiner mehr verkörpert als der 25 Jahre alte Profi der PSV Eindhoven, der spätestens jetzt ein sehr begehrter
Spieler auf dem Transfermarkt werden dürfte.
Das entscheidende 2:0 gegen die Österreicher erzielte Dumfries im Zusammenspiel mit Eindhovens Donyell Malen, ein anderer Angreifer, um den sich viele Transfermarktgeschichten ranken. Malen soll kurz davor stehen, einen Vertrag bei Borussia Dortmund zu unterschreiben. „Er kann kämpfen, rennen, laufen, schießt viele Tore“, sagte de Boer über den Angreifer. Malen kommt sowohl als Nachfolger für den wechselwilligen Jadon Sancho in Betracht wie auch als Alternative zum Mittelstürmer Erling Haaland. Das Team der Niederlande ist damit hoch interessant für alle Beobachter des Transfermarktes.