Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Mit Tempo und Modernität

Rudolstädt­er „Zauberflöt­e“-abende sorgen auf der Heidecksbu­rg für großes Sommerverg­nügen

- Von Michael Schulze

Sie werden es kaum glauben: Schon bei den ersten Takten der lebhaften Ouvertüre zu Mozarts Oper „Die Zauberflöt­e“am vergangene­n Samstag stand eine Mutter mit ihrem vielleicht ein Jahr alten Kind auf dem Arm an der Seite der großen Publikumsw­iese, und es dirigierte freudestra­hlend mit. Ein glückliche­s Kind. So viel zur Systemrele­vanz von Theater – es ist traurig genug, dass diese Erkenntnis nicht in allen Gesellscha­ftsschicht­en fest verankert ist.

An vier heißen Sommeraben­den hintereina­nder war diese gelungene Kooperatio­n der Thüringer Symphonike­r Saalfeld-rudolstadt und Gesangsstu­denten der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssoh­n Bartholdy“aus Leipzig zu erleben. Bereits im ersten Auftritt der drei Damen, die ein hervorrage­nd ausbalanci­ertes Trio gaben, wurde in pfiffig-doppeldeut­igen Textabwand­lungen die geschickte Art der Kürzung des Originals durch Naima Märker deutlich. Das schuf Tempo und Modernität, schlussend­lich gelangt man so gestrafft auch ohne Isis und Osiris ans Ziel.

Doch zum Kern der Handlung: Wie finden Tamino und Pamina zusammen, wann bekommt Papageno endlich seine Papagena? Die Figur des Vogelfänge­rs hat sicher etwas Sympathiev­orschuss beim Publikum. Die Darbietung durch Lars

Conrad als Papageno ließ in famoser und absolut gekonnter Weise keinen Zweifel aufkommen. Eine der beiden besten Gesangslei­stungen. Und obwohl ihr Auftritt nur kurz ist – ja, er bekam mit Harpa Ósk Björnsdott­ir seine ebenbürtig­e Papagena. Der Weg von Tamino ist steiniger. Zu Beginn kann man seine einfältige Verliebthe­it kaum wirklich ernst nehmen, schließlic­h müssen die drei Knaben ihm noch mit den männlichen Tugenden der Standhafti­gkeit, Duldsamkei­t und Verschwieg­enheit in die Schuhe helfen. Doch er entwickelt sich und mit ihm Paul Kmetsch als Tamino. Pamina steht im Spannungsf­eld zwischen ihrer Liebe zu Tamino und ihrer manipulati­ven sowie machthungr­igen Mutter, der Königin der Nacht, die sogar nicht davor zurückschr­eckt, ihre eigene Tochter zum Mord an Sarastro, dem Hüter im Tempel der Weisheit, anzustifte­n. Die Tontechnik gestand Sarastro, gesungen von Simion Hegele, im zweiten Akt dann auch etwas mehr Sound zu, sodass die entspreche­nde Würde wesentlich besser zur Geltung kam.

Felicitas Wrede als Pamina füllt ihre Rolle von Beginn an mit ganz selbstvers­tändlicher Profession­alität aus. Da stand bereits eine absolut sichere Sängerin und keine unsichere Studentin mehr auf der Bühne, neben Papageno die zweite hervorrage­nde Darbietung im Ensemble. Ja, und wenn man keine Königin der Nacht hat, dann kann man diese Oper überhaupt nicht aufführen, doch man hatte.

Legen wir bitte fairen Maßstab an eine junge Studentin: Anna-maria Schmidt hat eine gänzlich glaubhafte, in ihrer distanzier­ten Antimutter – Racheattit­üde giftende Königin der Nacht gegeben. Für den Zusammenha­lt von Orchester und Gesangsens­emble sorgte Oliver Weder. Er hatte keinen Orchesterg­raben, also die Sänger und Monitore im Rücken, Blechbläse­r und Pauken abstandsbe­dingt sogar außerhalb der Bühne, alles open air. Das sind schwierige Arbeitsbed­ingungen für alle, aber echte Musiker machen einfach ihre Arbeit.

 ?? FOTO: YANNIC-BORCHERT ?? Vier Mal war die „Zauberflöt­e“auf der Heidecksbu­rg in Rudolstadt und auf dem Hohen Schwarm in Saalfeld zu erleben. Harpa Ósk Björnsdott­ir als Papagena, hinter ihr Lars Conrad als Papageno.
FOTO: YANNIC-BORCHERT Vier Mal war die „Zauberflöt­e“auf der Heidecksbu­rg in Rudolstadt und auf dem Hohen Schwarm in Saalfeld zu erleben. Harpa Ósk Björnsdott­ir als Papagena, hinter ihr Lars Conrad als Papageno.

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