Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Mit Tempo und Modernität
Rudolstädter „Zauberflöte“-abende sorgen auf der Heidecksburg für großes Sommervergnügen
Sie werden es kaum glauben: Schon bei den ersten Takten der lebhaften Ouvertüre zu Mozarts Oper „Die Zauberflöte“am vergangenen Samstag stand eine Mutter mit ihrem vielleicht ein Jahr alten Kind auf dem Arm an der Seite der großen Publikumswiese, und es dirigierte freudestrahlend mit. Ein glückliches Kind. So viel zur Systemrelevanz von Theater – es ist traurig genug, dass diese Erkenntnis nicht in allen Gesellschaftsschichten fest verankert ist.
An vier heißen Sommerabenden hintereinander war diese gelungene Kooperation der Thüringer Symphoniker Saalfeld-rudolstadt und Gesangsstudenten der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“aus Leipzig zu erleben. Bereits im ersten Auftritt der drei Damen, die ein hervorragend ausbalanciertes Trio gaben, wurde in pfiffig-doppeldeutigen Textabwandlungen die geschickte Art der Kürzung des Originals durch Naima Märker deutlich. Das schuf Tempo und Modernität, schlussendlich gelangt man so gestrafft auch ohne Isis und Osiris ans Ziel.
Doch zum Kern der Handlung: Wie finden Tamino und Pamina zusammen, wann bekommt Papageno endlich seine Papagena? Die Figur des Vogelfängers hat sicher etwas Sympathievorschuss beim Publikum. Die Darbietung durch Lars
Conrad als Papageno ließ in famoser und absolut gekonnter Weise keinen Zweifel aufkommen. Eine der beiden besten Gesangsleistungen. Und obwohl ihr Auftritt nur kurz ist – ja, er bekam mit Harpa Ósk Björnsdottir seine ebenbürtige Papagena. Der Weg von Tamino ist steiniger. Zu Beginn kann man seine einfältige Verliebtheit kaum wirklich ernst nehmen, schließlich müssen die drei Knaben ihm noch mit den männlichen Tugenden der Standhaftigkeit, Duldsamkeit und Verschwiegenheit in die Schuhe helfen. Doch er entwickelt sich und mit ihm Paul Kmetsch als Tamino. Pamina steht im Spannungsfeld zwischen ihrer Liebe zu Tamino und ihrer manipulativen sowie machthungrigen Mutter, der Königin der Nacht, die sogar nicht davor zurückschreckt, ihre eigene Tochter zum Mord an Sarastro, dem Hüter im Tempel der Weisheit, anzustiften. Die Tontechnik gestand Sarastro, gesungen von Simion Hegele, im zweiten Akt dann auch etwas mehr Sound zu, sodass die entsprechende Würde wesentlich besser zur Geltung kam.
Felicitas Wrede als Pamina füllt ihre Rolle von Beginn an mit ganz selbstverständlicher Professionalität aus. Da stand bereits eine absolut sichere Sängerin und keine unsichere Studentin mehr auf der Bühne, neben Papageno die zweite hervorragende Darbietung im Ensemble. Ja, und wenn man keine Königin der Nacht hat, dann kann man diese Oper überhaupt nicht aufführen, doch man hatte.
Legen wir bitte fairen Maßstab an eine junge Studentin: Anna-maria Schmidt hat eine gänzlich glaubhafte, in ihrer distanzierten Antimutter – Racheattitüde giftende Königin der Nacht gegeben. Für den Zusammenhalt von Orchester und Gesangsensemble sorgte Oliver Weder. Er hatte keinen Orchestergraben, also die Sänger und Monitore im Rücken, Blechbläser und Pauken abstandsbedingt sogar außerhalb der Bühne, alles open air. Das sind schwierige Arbeitsbedingungen für alle, aber echte Musiker machen einfach ihre Arbeit.