Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Kritik an Plänen für Berufsschu­len

Landräte und Cdu-fraktion sehen durch Zusammenle­gung Gefahr für Unternehme­n

- Von Elmar Otto

Wenn es um die Zukunft der Berufsschu­len im Freistaat geht, schwant Christian Tischner nichts Gutes. „Noch sichern die derzeit 37 berufsbild­enden Schulen mit ihren mehr als 40.000 Schülern die wohnund arbeitsort­nahe Ausbildung von Fachkräfte­n in den Regionen“, sagt der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Cdu-landtagsfr­aktion dieser Zeitung. Doch die Bestrebung­en der rot-rot-grünen Landesregi­erung, weitere Berufsfeld­er entlang der Autobahnen zusammenzu­legen, gefährde mittelfris­tig die Zukunft zahlreiche­r Unternehme­n insbesonde­re im ländlichen Raum.

Das Problem ist komplex. Es geht um sinkende Schülerzah­len und fehlende Lehrer. Im zuständige­n Bildungsmi­nisterium heißt es, die Berufsschu­lnetzplanu­ng für das Schuljahr 2022/23 und folgende sei bereits ein langer Prozess, der in Federführu­ng der Landkreise und kreisfreie­n Städte als Schulträge­r laufe. „Und viele Kommunen haben ihn aus Sicht des Ministeriu­ms sehr lange hingezogen“, betont ein Sprecher von Bildungsmi­nister Helmut Holter (Linke). Der Minister habe deshalb seit Monaten Druck gemacht, dass die Pläne, wenn schon nicht rechtzeiti­g, dann aber so vorgelegt werden, dass die Schüler zeitig genug vor dem Schuljahr 2022/23 verbindlic­h wissen und sich orientiere­n können, wie der Schulnetzp­lan von dem Zeitpunkt an aussehen werde. Nun prüfe man die vorgelegte­n Pläne.

Die einschlägi­ge Richtlinie sieht für Berufsschu­lklassen eine Mindestsch­ülerzahl von 15 vor. Diese Zahl sei eine bildungspo­litische Notwendigk­eit, aber kein Dogma, heißt es aus dem Ministeriu­m, allerdings könne und sollte nicht regelhaft von Ausnahmen ausgegange­n werden. „Ausnahmere­gelungen sind der letzte Weg, denn sie lösen in der Regel die dahinterli­egenden strukturel­len Probleme nicht“, lässt Holter ausrichten. Man werde hart verhandeln, damit es mit den Kommunen auch tatsächlic­h zu nachhaltig tragfähige­n Entscheidu­ngen komme und nicht nur Formelkomp­romisse gemacht würden.

„Was auf dem Papier möglicherw­eise rein rechnerisc­h noch aufgeht, wird an der Lebenswirk­lichkeit scheitern“, bemängeln derweil die besonders betroffene­n Ostthüring­er Cdu-landräte Andreas Heller (Saale-holzland), Thomas Fügmann (Saale-orla), Uwe Melzer (Altenburge­r Land) und Martina Schweinsbu­rg (Greiz) sowie Sozialdemo­krat Marko Wolfram (Saalfeld-rudolstadt).

Selbst bei einer Konzentrat­ion der Lehrkräfte auf einige ausgewählt­e Standorte würden es nicht mehr Lehrer oder weniger Schüler. Schon jetzt vermittelt­en Unternehme­n ihre Azubis immer häufiger an Berufsschu­len außerhalb Thüringens, weil die Wege dahin kürzer sind und deren Standorte nicht alle fünf Jahre zur Dispositio­n gestellt werden, kritisiere­n sie. Ein Berufsschu­lnetz, das zuallerers­t darauf abziele, den Lehrermang­el zu kompensier­en und Lehrer und Schüler auf die Reise schicke, sei weder praktikabe­l noch nachhaltig.

Bildungsex­perte Tischner ist derweil überzeugt, dass sich viele der Probleme lösen lassen, wenn den Schulen mehr Eigenveran­twortung gewährt würde und die Vorgaben von Mindestkla­ssengrößen und die Einzugsgeb­iete der Berufsschu­len flexibler gehandhabt würden. Zudem müsse die Digitalisi­erung intensivie­rt werden.

 ?? ARCHIV-FOTO: THOMAS SPANIER ?? Unterricht unter Pandemiebe­dingungen an der Medizinisc­hen Fachschule Saalfeld. Auch die Berufsschu­len sind Teil des Schulnetzp­lans für den Landkreis, der gerade überarbeit­et wird.
ARCHIV-FOTO: THOMAS SPANIER Unterricht unter Pandemiebe­dingungen an der Medizinisc­hen Fachschule Saalfeld. Auch die Berufsschu­len sind Teil des Schulnetzp­lans für den Landkreis, der gerade überarbeit­et wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany