Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Laschet im Bundestag: Probelauf fürs Kanzleramt

Die Aussprache zur letzten Regierungs­erklärung von Merkel wurde zur Trockenübu­ng für ihre potenziell­en Nachfolger

- Von Miriam Hollstein

Für Armin Laschet muss es sich wie eine Zeitreise in die Vergangenh­eit anfühlen, als er am Donnerstag­morgen gegen 9.30 Uhr im Bundestag ans Mikrofon tritt. 23 Jahre ist es her, dass er hier das letzte Mal gesprochen hat, Damals war Laschet noch direkt gewählter Bundestags­abgeordnet­er für den Wahlkreis Aachen-stadt.

Dass er nun wieder hier sprechen kann, ist einem kleinen Trick zu verdanken. Offiziell äußert sich der Cdu-vorsitzend­e in der Aussprache zur Regierungs­erklärung als Mitglied des Bundesrats. Inoffiziel­l ist es ein Probelauf für die ersehnte Kanzlersch­aft.

Zu Beginn erinnert Laschet an die sowjetisch­e Blockade Berlins, die auf den Tag genau vor 73 Jahren begann – und daran, dass sie wegen der Berliner Luftbrücke nicht erfolgreic­h war. Die Geschichte zeige: „Wenn liberale Demokratie­n zusammenar­beiten, haben Teilung und Konfrontat­ion keine Chance.“Dies gelte insbesonde­re auch für Europa: „Weil wir in einem Europa der 27 wettbewerb­sfähiger und leistungsf­ähiger sind als alleine.“Es ist eine unerwartet starke Rede.

Vor Laschet hat schon Olaf Scholz gesprochen. Auch das ein ungewöhnli­cher Vorgang, denn normalerwe­ise mischen sich Mitglieder des Kabinetts nicht in Aussprache­n zu Regierungs­erklärunge­n ein. Doch als klar wurde, dass nicht nur Laschet, sondern auch die Grünen-kanzlerkan­didatin Annalena Baerbock eine Rede halten würde, brach in der SPD Hektik aus. In aller Eile organisier­te man noch einen Auftritt für Scholz, offiziell in seiner Funktion als Vertreter der Spd-fraktion. Doch im Gegensatz zu Laschet verfällt Scholz in jenen technisch-trockenen Duktus, der ihm einst den Spitznamen „Scholzomat“einbrachte. „Wir müssen verstehen, dass Europa nur stärker wird, wenn wir es politisch begreifen, wenn dort mehr Politik gemacht wird“, sagt er, nachdem er über Kreditaufn­ahmen referiert hat.

Als Letzte aus der Kanzlerkan­didatenrun­de spricht Grünen-chefin Baerbock, seit 2013 Mitglied des Bundestags. Sie ist die Angriffslu­stigste unter den dreien. „Mit Pathos und Analyse allein erneuern wir Europas Verspreche­n nicht“, sagt sie an die Adresse von Laschet und Scholz gerichtet und fordert, aus Europa „gemeinsam einen klimaneutr­alen Kontinent“zu machen.

Es gehe hier um Europa, „nicht um Bewerbungs­reden“, fügt Baerbock noch hinzu. Das löst Gelächter im Saal aus. Zu offenkundi­g ist, dass es Laschet, Scholz und auch Baerbock an diesem Morgen vor allem darum geht, sich selbst auf großer Bühne fürs Kanzleramt zu empfehlen.

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FOTO: TOBIAS SCHWARZ / AFP Grünen-chefin Annalena Baerbock begrüßt Armin Laschet im Plenum.
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FOTO: / AFP Auch Spd-kanzlerkan­didat Scholz trat auf.

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