Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Vitamin D kann schweren Corona-verläufen vorbeugen

Emeritiert­er Medizinpro­fessor aus Jena rät zum Umdenken

- Von Ulrike Merkel

„Vitamin D hat einen präventive­n Einfluss und schützt vor schweren Corona-verläufen.“Davon ist der emeritiert­e Professor des Jenaer Universitä­tsklinikum­s Peter Hyckel überzeugt. Das hätten zahlreiche Studien belegt. Umso unverständ­licher ist es für den ehemaligen Mund-, Kieferund Gesichtsch­irurgen, dass die präventive Wirkung von der Gesundheit­spolitik bislang weitgehend ignoriert wurde.

Bereits im vergangene­n Jahr versuchte er, das Thema unter anderem an die Thüringer Landesregi­erung und ihren Krisenstab heranzutra­gen. Doch er sei nur belächelt worden.

„Corona-viren haben einen saisonalen Charakter“, erläutert Hyckel. Scheint die Sonne im Frühjahr wieder länger, gehen Corona-erkrankung­en wie viele andere virale Atemwegser­krankungen zurück. Das liege auch am Sonnenvita­min D, das einen unterstütz­enden Einfluss auf unser Immunsyste­m hat.

Ist die Haut der Sonne ausgesetzt, kann der menschlich­e Körper selbst das Vitamin bilden. Im Winter jedoch kommt es gerade bei älteren Leuten, die wenig an die frische Luft kommen, zu einer Mangelersc­heinung. In diesen Fällen empfiehlt Peter Hyckel prophylakt­isch Vitamin D einzunehme­n. Allerdings sollte man zuvor beim Hausarzt den Vitamin-d-spiegel im Blut bestimmen lassen. Liegt der unter 30 Nanogramm ist man laut Hyckel unterverso­rgt, was im Übrigen gar nicht so selten vorkomme. „Allein über gesunde Ernährung lässt sich das nicht ausgleiche­n.“

Auch der Leiter der Post-covid-ambulanz am Universitä­tsklinikum Jena, Andreas Stallmach, ist der Ansicht, dass Covid-19-patienten mit erniedrigt­em Spiegel Vitamin D erhalten sollten. Das praktizier­e das Jenaer Klinikum seit Herbst. Insofern teilt der Direktor der Klinik für Innere Medizin IV nicht ganz die Auffassung, dass eine mögliche positive Vitamin-dWirkung allgemein ignoriert werde.

„Über das Vitamin wird sehr kontrovers und emotional gestritten“, sagt Andreas Stallmach. Bislang gebe es aber nur eine unzureiche­nde Datenlage. Zwar deuteten Studien darauf hin, dass Covid-19-patienten mit niedrigem Spiegel ein größeres Risiko hatten, beatmet zu werden oder gar zu sterben.

Skeptiker entgegnen jedoch, ein hoher Vitamin-d-spiegel zeuge von Gesundheit, und Gesunde würden nun einmal besser mit Infektione­n fertig. „Am Ende des Jahres haben wir bessere Kenntnis“, sagt Stallmach.

Inzwischen konnte die Sterblichk­eitsrate von Corona-patienten am Jenaer Klinikum deutlich gesenkt werden. „Möglicherw­eise spielt das Vitamin D dabei eine Rolle, aber wir haben ein ganzes Bündel verschiede­nster Maßnahmen ergriffen“, so Stallmach.

Peter Hyckel geht davon aus, dass die Corona-infektione­n im Herbst wieder steigen werden. Auch, weil dann eine dritte Impfung notwendig wird. Eine Extradosis Vitamin D als preiswerte Vorsorge sei da eine praktische Ergänzung – „natürlich nur bei Mangel“.

Auch Krebspatie­nten, Menschen mit Organtrans­plantation­en, Autoimmune­rkrankten und Adipösen rät er dazu. Die Bestimmung des Vitamin-dSpiegels ist Stallmach zufolge aber keine Kassenleis­tung, sondern als sogenannte Individuel­le Gesundheit­sleistung (IGEL) vom Patienten selbst zu bezahlen.

„Corona-viren haben einen saisonalen Charakter.“

Peter Hyckel, emeritiert­er Medizinpro­fessor aus Jena

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FOTO: CHRISTIN KLOSE / DPA-TMN Vitamin D gibt es in Tablettenf­orm.
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