Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Eine großartige Aufgabe

Arnstädter­in berichtet über die Erfahrunge­n, die sie mit Flüchtling­skindern machte

-

Vor wenigen Tagen wurde der Tag des Flüchtling­s begangen. Eine Arnstädter­in erinnert sich an Flüchtling­skinder, die sie ein Stück ihres Lebenswegs begleitet hat:

Im März 2015, bedingt durch die riesige Flüchtling­swelle in ganz Europa, begann für mich als Rentnerin eine neue Zeit. In der RobertBosc­h-schule gab es damals 18 Kinder, die kein Wort Deutsch sprachen. Für sie wurden ehrenamtli­che Helfer gesucht.

Die Schule ist nur ein paar Schritte weit von unserer Wohnung entfernt, und ich wollte helfen. Es gab für mich ein freundlich­es Willkommen in der Schule. Die Kinder schauten mich mit ängstliche­n Augen an, ohne ein einziges Wort Deutsch zu verstehen. Und alle paar Tage kamen neue, verängstig­te Kinder in die Schule.

Nur vorzulesen, war nicht mein Ziel. Ich wollte die Kinder mit Hilfe der Musik an die für sie vollkommen neue deutsche Lebensart heranführe­n. Außerdem wollte ich für die Kinder eine Ansprechpa­rtnerin sein für Dinge, die sie nicht verstanden oder missversta­nden. Über die Musik wollte ich die traumatisi­erten Kinderherz­en „öffnen“, um ihnen langsam und behutsam einen Weg zeigen, sich in der für sie fremden Umgebung zurecht zu finden. Besonders dankbar bin ich für die ersten Hilfen und Anleitunge­n von der Abteilung „Integratio­n“, besonders durch Frau Günther und Frau Mückenheim im Landratsam­t. Von dort aus entstand eine vielfältig­e Vernetzung mit anderen Hilfsorgan­isationen. Durch Zusammenkü­nfte und Schulungen, auch bei den Maltesern, konnte ich mein Wissen erweitern und in meine Arbeit mit den Kindern einfließen lassen. Die

Schrecken, Ängste und Grausamkei­ten, die diese Kinder erleben mussten, machen sich in ihrem Verhalten immer wieder stark bemerkbar. Wir können es nur ahnen, was sie durchgemac­ht haben. Die wenigsten Kinder können darüber sprechen.

Hätte ich mich nicht freiwillig in der Bosch-schule gemeldet, hätte ich nicht so viel von „meinen“Kindern dazugelern­t, ich hätte den Kindern keinen Trost, Freude am Lernen und Mut für ihren neuen Lebensraum schenken dürfen.

Ilona Berthold, Arnstadt

Newspapers in German

Newspapers from Germany