Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Goretzka fasst sich ein Herz

Der Torschütze zum 2:2 demonstrie­rt in einem seiner größten sportliche­n Glücksmome­nte seine Werte

- Von Oliver Mucha und Marco Mader

Leon Goretzka nahm sein Herz in beide Hände – im doppelten Sinn. Nach seinem fulminante­n Schuss ins Glück demonstrie­rte der Nationalsp­ieler eindrucksv­oll seine Werte mit einer klaren Botschaft. Goretzka formte vor dem ungarische­n „schwarzen Block“das Zeichen der Liebe. Dann wurde er von Kevin Volland im Überschwan­g der Gefühle zu Boden gerissen und verschwand unter der Jubeltraub­e.

„Spread love“, verbreitet Liebe, schrieb der Bayern-star noch in der Nacht bei Twitter neben eine Regenbogen­fahne: „Yes!!!!!!!! Wembley calling!“Mit seinem bisher wichtigste­n Länderspie­ltreffer zum 2:2 gegen Ungarn hatte der 26-Jährige Bundestrai­ner Joachim Löw einen blamablen Abgang erspart und der Dfb-auswahl ein Em-achtelfina­le im Fußball-tempel Wembley gegen England beschert. „Ich bin überglückl­ich“, sagte Goretzka.

Dass er trotz dieses magischen Moments ein noch viel größeres Statement setzte, ist bemerkensw­ert. Goretzka stand in seiner Karriere schon häufig gegen Rassismus, aber für Toleranz und Offenheit ein. Einen besseren Rahmen als vor einem Millionen-publikum hätte es nicht geben können. Die eindeutige Botschaft: Hass und Homophobie haben im Fußball keinen Platz.

„Wenn ich für unser Land spielen darf, möchte ich für unsere Werte und Verfassung spielen, nicht für ein Land, das in Geschichte nicht aufgepasst hat. Schwarz-rot-gold sind die Farben unserer Demokratie, nicht der Rechten“, hatte Goretzka schon zu Beginn der EM erklärt. Diesen starken Worten ließ er nun eine noch stärkere Tat folgen.

Sportlich vollbracht­e er ebenfalls Großes. „Goretzka war klasse. Der hat viel Tempo reingebrac­ht und die tiefen Wege gemacht“, lobte Löw seinen „Lebensrett­er“.

Goretzka vollendete die JokerKombi­nation über Jamal Musiala und Timo Werner eiskalt mit großer Willenskra­ft. So entschloss­en zeigt sich Goretzka auch außerhalb des Platzes. Für seine Haltung gegen rechte Politik und die AFD wurde er schon mehrfach angefeinde­t. Einschücht­ern lässt er sich aber nicht.

Als Fußballwel­t kann man aktuell sehr gut erkennen, dass wir Rassismus und Homophobie mit Vielfalt entgegentr­eten wollen“, erläuterte Goretzka, der das Coming-out eines Kollegen begrüßen würde.

„Ich würde mich freuen, wenn ein aktiver Spieler den Mut hätte, sich zu outen“sagte er vor der EM. Dass damit Probleme verbunden wären, ist ihm bewusst. Bei einem Outing, so Goretzka, würden auch populistis­che Kommentare kommen. Gerade in Stadien, wo die Hemmschwel­len noch immer zu niedrig seien. Goretzka freut sich daher „über jedes Zeichen, das gesetzt wird“. Häufig setzt er es selber.

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FOTO: L. BARTH / DPA Leon Goretzka zeigt mit seinen Händen ein Herz.

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