Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Brite bringt sich in Sicherheit vor „Hausfrauen“
Geschichten vom Schleizer Dreieck Wie der Seitenwagen-weltmeister Steve Webster 1993 zum gefeierten Star avancierte
Steve Webster (heute 61) ist zweifelsfrei eine Ikone des Seitenwagensportes. Nicht nur wegen zehn Weltmeister- und Weltcup-titeln genießt der Motorsportler, der sich seit 1991 Member of British Empire nennen darf, auch heute noch hohes Ansehen.
Auch auf dem Schleizer Dreieck hinterließ der Sportsmann aus Easingwold, North Yorkshire, tiefe Spuren. Nicht zuletzt im Jahr 2004, als sich Webster mit drei äußerst souveränen Siegen zum Weltcupsieger kürte, verschaffte er sich bei den hiesigen Fans gewaltigen Respekt. Elf Jahre zuvor konnte Webster auf dem Dreieck gewinnen.
Zum 60. Jubiläum der Rennstrecke 1993 gelang es den Organisatoren, ein top besetztes Einladungsrennen für Seitenwagen zu veranstalten. Die gesammelte Weltelite weilte in Schleiz und die Gespannfahrer ließen sich nicht lumpen, lieferten mit unzähligen Überholmanövern großen Sport ab. Dass sich die Piloten vorab auf eine ordentliche Show geeinigt hatten, störte das begeisterte Publikum dabei recht wenig.
Noch besser kam es aber für Sieger Steve Webster. Nach der Siegerehrung versammelte sich eine große Menschentraube um den Briten. und fleißig Händeschütteln war angesagt. Unter den Gratulanten befand sich auch ein vollauf begeisterter Zuseher, der in seiner Euphorie Webster unvermittelt 500 DM in die Hand drückte. „Webbo“, wie er noch heute genannt wird, überließ seinem großzügigen Gönner aus Dank völlig sprachlos und irritiert den so eben erhaltenen Pokal.
Schon das ganze Wochenende zuvor wurde der Brite immer wieder umlagert. Louis Christen, Erbauer der Seitenwagenfahrwerke, erinnert sich an eine für den sonst zugänglichen Gespannsport untypische Situation: „ Ich stattete allen Teams einen Besuch ab. Vor Websters Zelt warteten auffällig viele Menschen, aber es war verriegelt. Also habe ich es mit dem Hintereingang probiert. Im Zelt herrschte der normale Schrauberalltag. Natürlich konnte ich mir die Frage nach dem Warum nicht verkneifen. Vater Webster verwies mit typisch englischem Humor auf die vielen Leute, die „Schleiz’ housewives“also Schleizer Hausfrauen – wie er die vorwiegend weiblichen Fans nannte. Alle wollten ständig ein Bild mit Steve oder ein Autogramm.“
Webster fuhr im Alter von 19 Jahren erste Rennen. 1983 stieg er in die Motorrad-weltmeisterschaft ein und gewann 1987 mit Partner Tony Hewitt auf einer Lcr-yamaha seinen ersten von insgesamt zehn Weltmeistertiteln. Von 181 WMRennen konnte Webster 62 als Sieger beenden. Er belegte außerdem 37 zweite und 27 dritte Plätze und holte 82 Pole-positions.