Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Millionenk­lage gegen Ex-chef

Awo-unternehme­n will Schadenser­satz. Rechtsstre­it um fristlose Kündigung geht weiter

- Sibylle Göbel

Erfurt. Bei der juristisch­en Aufarbeitu­ng des Skandals um die Thüringer Arbeiterwo­hlfahrt (Awo) wird kommende Woche ein neues Kapitel aufgeschla­gen: War es bisher nur darum gegangen, dass sich Michael Hack, Ex-chef der Awo AJS ggmbh, und seine Ehefrau Petra Köllner-hack, Ex-geschäftsf­ührerin der Awo Soziale Dienste ggmbh Gotha, gegen ihre fristlose Kündigung vor zwei Jahren zur Wehr setzen, ist Hack in der nun anstehende­n Verhandlun­g Beklagter. Die AJS fordert von ihm 967.500 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent als Schadenser­satz.

Allein durch die fristlose Kündigung des früheren Ajs-prokuriste­n, die Michael Hack im Dezember 2019 aussprach, soll der Awo AJS ein Schaden von mindestens 280.000 Euro entstanden sein. Hack setzte den langjährig­en Prokuriste­n eigenmächt­ig vor die Tür, weil sich dieser in einem Brief an den Aufsichtsr­at über das Verfahren zur Nachbesetz­ung der Geschäftsf­ührer-position beklagt hatte. Hack, der den Prokuriste­n nach Informa

tionen dieser Zeitung allerdings schon lange hatte loswerden wollen, wertete das als Zeichen von Illoyalitä­t und warf den Prokuriste­n direkt vor Weihnachte­n raus.

Schaden soll dem rund 5000 Mitarbeite­r zählenden Unternehme­n aber auch dadurch entstanden sein, dass sein früherer Geschäftsf­ührer im Alleingang Bauvorhabe­n auf den Weg brachte. Hack soll, wie es intern heißt, „als Bürgermeis­ters Darling“durch das Land gefahren sein und per Handschlag Projekte vereinbart

haben, die er den Gremien erst im Nachgang vorstellte. Die neue Ajs-geschäftsf­ührung hatte deshalb im November 2021 Klage eingereich­t. Die Verhandlun­g findet am Landgerich­t Erfurt statt.

Parallel laufen die Kündigungs­schutzklag­en des Ehepaars Hack weiter: Nach einem Gütetermin im Mai hatte Petra Köllner-hack bis zum 30. Juni einen Vergleichs­vorschlag vorgelegt, zu dem sich die Gegenseite auch bereits äußerte. Tenor dieser Antwort: „Wir können uns weiterhin keinen wie auch immer gearteten Vergleich vorstellen.“Nun muss das Gericht entscheide­n. Köllner-hacks Ehemann hat unterdesse­n in den vergangene­n Tagen eine neue Klage eingereich­t – diesmal vor dem zuständige­n Gericht und gegen das richtige Organ.

Hack hatte seine Klage zunächst fälschlich­erweise beim Arbeitsger­icht eingelegt, das in seinem Fall aber nicht zuständig ist. Denn relevant ist für ihn nicht das Arbeitsrec­ht, sondern das Gesellscha­ftsund Aktienrech­t, für das die Kammer für Handelssac­hen am Landgerich­t anzurufen ist. Einen zweiten formalen Fehler beging Hack, indem er die Klage nicht gegen den Ajs-aufsichtsr­at, sondern gegen die neue Geschäftsf­ührung richtete. Trotz mehrfacher Hinweise korrigiert­en Hack und sein Anwalt diesen Fehler nicht, sondern zogen sogar bis vor das Oberlandes­gericht Jena. Dort kassierten sie im Mai erneut eine Niederlage. Aus Sicht von Insidern steckt dahinter Kalkül: Das Verfahren, heißt es, solle sich so lange wie möglich hinziehen. Das Oberlandes­gericht hatte den Streitwert mit 470.000 Euro angesetzt.

 ?? JULIANE BOCHOW / ARCHIV ?? Das Ehepaar Hack (l.) bei einer Grundstein­legung 2017 in Gotha. Beide wurden 2020 fristlos gekündigt.
JULIANE BOCHOW / ARCHIV Das Ehepaar Hack (l.) bei einer Grundstein­legung 2017 in Gotha. Beide wurden 2020 fristlos gekündigt.

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