Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Der vergesslic­he Kanzler

Olaf Scholz wird die Cum-ex-affäre einfach nicht los

- Jörg Quoos, Chef der Zentralred­aktion

Über Angela Merkel hieß es, sie sei eine Kanzlerin der Krisen gewesen. Olaf Scholz ist in kurzer Zeit in ganz andere Krisendime­nsionen vorgedrung­en: Krieg in Europa und Kriegsgefa­hr in Taiwan, brutal steigende Inflation und eine historisch­e Energiekri­se für private Haushalte und die Industrie. Dazu kommt jetzt eine persönlich­e Glaubwürdi­gkeitskris­e, die ihn aus seiner Zeit als Hamburger Bürgermeis­ter eingeholt hat.

Es geht dabei um die Frage, ob Scholz in irgendeine­r Form dabei half, dass die Stadt Hamburg der noblen Privatbank Warburg zwischenze­itlich 47 Millionen Euro Steuern erließ. Dass Scholz damit befasst war, steht fest. Es liegen so viele Gesprächsn­otizen, Kalenderei­nträge und Aussagen vor, dass klar ist: Der heutige Kanzler hatte mit dem Vorgang zu tun. Allerdings sind zwei Fragen nicht beantworte­t: Wie intensiv hat sich Scholz damit befasst? Hat er seine Gesprächsp­artner abblitzen lassen oder war sein Verhalten strafrecht­lich relevant?

Die Generalsta­atsanwalts­chaft Hamburg hat auf Letzteres bislang keinen Hinweis, ermittelt aber im Fall weiter. Die Staatsanwa­ltschaft Köln durchforst­ete sogar die Emails des Bürgermeis­ters Scholz.

Das Problem von Scholz ist: Er wird diese Steueraffä­re einfach nicht los. Seine Verteidigu­ngslinie, er habe keine Erinnerung an drei Gespräche mit dem Inhaber der Warburg-bank, ist juristisch vielleicht effektiv, aber wenig plausibel. Natürlich gilt auch für den Kanzler die Unschuldsv­ermutung. Aber Scholz müsste mehr dazu beitragen, Klarheit zu schaffen.

Seine Hoffnung, dass die Opposition einfach aufgibt und die Medien keine anstrengen­den Fragen mehr stellen, wird sich nicht erfüllen.

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