Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Polizei ermittelt gegen Abbas
Nach Holocaust-aussage des Palästinenserpräsidenten Verdacht der Volksverhetzung
Berlin. Wegen seiner Holocaustaussage bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt hat die Berliner Polizei Ermittlungen gegen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas aufgenommen. Es gehe um den Anfangsverdacht der Volksverhetzung, bestätigte eine Polizeisprecherin am Freitag. Das Ermittlungsverfahren werde in einem Fachkommissariat des Landeskriminalamtes bearbeitet und „zeitnah an die Staatsanwaltschaft Berlin zur Kenntnisnahme und weiteren Entscheidung übersandt“.
Zuvor war den Angaben zufolge gegen Abbas beim polizeilichen Staatsschutz eine Strafanzeige wegen „Relativierung der Shoa“eingegangen. Sie hatte am Mittwoch der Berliner Mike Delberg gestellt. Er sei ein jüdischer Deutscher und Enkelsohn von Überlebenden des Holocausts, schrieb Delberg in der Anzeige, die er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter postete: „Durch seine Aussagen hat Mahmud Abbas die schrecklichste Zeit in der Geschichte unseres Landes und in der Geschichte meiner Familie und Glaubensgemeinschaft verharmlost und relativiert.“Auf Twitter erklärte Delberg, wer den Holocaust verharmlose, gehöre dafür bestraft.
Palästinenserpräsident Abbas hatte am Dienstag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt vor Journalisten gesagt, Israel habe seit 1947 „50 Massaker, 50 Holocausts“an Palästinensern begangen. Die Holocaustrelativierung sorgt für große Empörung. Scholz selbst verurteilte im Nachgang die Äußerungen des Palästinenserpräsidenten.
Das Auswärtige Amt geht nach einem Bericht der „Bild“-zeitung davon aus, dass Abbas Immunität vor Strafverfolgung genieße, weil er sich im Rahmen eines „offiziellen Besuchs“in Deutschland aufgehal- ten habe. Nach Einschätzung des von der Zeitung zitierten Straf- rechtsprofessors Michael Kubiciel ist diese Einschätzung allerdings strittig. Immunität könne Abbas nur genießen, wenn er „als Repräsen- tant eines anderen Staates“in Deutschland gewesen sei. Die Fra- ge, „ob Palästina ein Staat ist oder nicht“, habe in dieser Angelegen- heit daher „ausschlaggebende Be- deutung“.
Deutschland erkennt Palästina bisher nicht als Staat an, pflegt aber diplomatische Beziehungen zu den Palästinensergebieten. afp/epd