Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Hotspot des Online-handels
Böttcher AG weiht neuen Firmensitz vor den Toren Jenas ein. 100 Millionen Euro investiert
Zöllnitz. Anfang des Monats verließ das erste Paket das Logistikzentrum in Richtung Münster. „Jetzt machen wir Zöllnitz zum neuen Hotspot des E-commerce“, sagte Danilo Frasiak, Mitglied des Vorstandes der Böttcher AG. Das Unternehmen hat am Freitag seinen neuen Firmensitz vor den Toren Jenas eingeweiht. Etwa 100 Millionen Euro hat der Büro- und Logistik-komplex in Zöllnitz (Saale-holzland-kreis) gekostet.
Schon die Zahlen lassen vermuten, dass die Böttcher AG sich hinter den bekannten Namen der Branche nicht verstecken muss: Der neue Komplex ist 420 Meter lang und 28 Meter hoch und verfügt über eine Logistikfläche von 90.000 Quadratmetern. In der Perspektive sollen aus Zöllnitz 120.000 Pakete täglich versendet werden, im Laufe des Jahres würden es bereits 20.000 sein, sagte Frasiak.
Bis zu 60 Lastwagen parallel abfertigen
Bis zu 60 Lastwagen könnten gleichzeitig abgefertigt werden, um Waren anzuliefern oder die Pakete abzuholen. Dreh- und Angelpunkt des Zentrums ist ein voll automatisches Hochregallager mit Stellplätzen für bis zu 30.000 Paletten sowie ein elf Kilometer langes Förderbandsystem, das die Waren – vor allem Büroartikel – vollautomatisch durch das Gebäude transportiert. Vor allem in diesen Bereichen sind fast keine Mitarbeiter zu sehen: Sie sind nur gefragt, wenn es einmal zu einer technischen Störung kommen sollte.
Anders sieht es in den Bereichen aus, in denen die Waren kommissioniert werden: Der Kunde bestellt etwas aus dem Online-katalog mit seinen 200.000 Artikeln, in der Kommissionierung wird das Paket nach
dem Auftrag von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammengestellt.
Von der Bestellung bis zum Versand des Pakets würde durchschnittlich eine Stunde vergehen. Danilo Frasiak betonte, wie sehr die Belegschaft in den Planungsprozess eingebunden worden sei: So finden sich neben den Büros ein eigenes Fitnessstudio, ein integrierter Friseursalon – er steht auch den Menschen in Zöllnitz zur Verfügung – Cafeteria, Bistro, Spielecken mit Konsolen, Tischtennisplatten und Billard sowie Pausen- und Ruheräume. Dazu kämen eine Dachterrasse mit Strandkörben sowie weitere Loungebereiche.
Auch wenn es keine leichte Zeit gewesen sei – mit dem Baustart kam die Pandemie – spricht Firmengründer Udo Böttcher von einer Umsatzzunahme
von zehn Prozent und rechnet 2022 mit einem Jahresumsatz von 630 bis 640 Millionen Euro. Aktuell sind bei der Böttcher AG 680 Mitarbeiter an den drei Standorten beschäftigt: Zöllnitz, Jena-lobeda und Laasdorf. So spricht das Unternehmen davon, mittelfristig insgesamt 150.000 Pakete täglich versenden zu können.
Die Bauzeit in Zöllnitz betrug etwas weniger als zwei Jahre. Bis zu 150 Arbeiter aus acht Gewerken waren in der Spitze auf dem Gelände beschäftigt.
Unter den etwa 1000 Gästen waren auch die neue Bürgermeisterin von Zöllnitz, Grit Sachse, sowie ihre Vorgängerin, Ingrid Helmke. Die Gemeinde kann sich nicht nur über deutlich mehr Einnahmen bei den Gewerbesteuern freuen. Wie Danilo Frasiak sagte, werde man für einen neuen Kindergarten eine sechsstellige Summe spenden.
Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) verhehlte nicht, die Feier mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu verfolgen. Weil es in keinem der Jenaer Gewerbegebiete eine zusammenhängende Fläche in der Größe gegeben habe, musste die Verwaltung Böttcher ziehen lassen. „Aber besser in Zölllitz als am Erfurter Kreuz“, sagte Gerlitz.
Gegründet wurde das Unternehmen 1990 von Udo Böttcher. Der aus Gera stammende Vorstandsvorsitzende startete nach der Wende mit einem Copy-shop im eigenen Wohnzimmer in Jena-lobeda. Aktuell zählt das Unternehmen eigenen Angaben zufolge sieben Millionen Kunden, davon allein drei Millionen Geschäftskunden.