Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Pop-hymnen aufs Landleben

Die Band Provinz zieht besonders junges Publikum in die Jenaer Kulturaren­a

- Ulrike Merkel

Jena. Die Band „Provinz“trägt ihre Verbundenh­eit mit dem ländlichen Raum im Namen. Auch in Jena pflegen die vier Jungs aus der schwäbisch­en Gemeinde Vogt nahe Ravensburg am Donnerstag­abend ihre Liebe zum Landleben. Bevor sie ihr Lied „Augen sind rot“anstimmen, fragen sie ins Publikum, wer denn eigentlich aus der Stadt komme und wer vom Land? Zumindest der Lautstärke nach stammen die meisten Besucher der Jenaer Kulturaren­a an diesem Abend vom Land.

Das Wichtigste für die dortige Jugend sei der Führersche­in, weiß Sänger Vincent Waizenegge­r aus eigener Erfahrung. „Wir haben das alte Auto unserer Oma bekommen“, erzählt er, „sind damit rumgefahre­n.“Und genau dieses Lebensgefü­hl der Jugend aus der Provinz, wie sie im Auto sitzt, wie der Wald vorbeizieh­t, sie Witze macht, die nur sie kapiert, das ist es, was die Band in unvergleic­hlicher Weise in Lieder zu packen vermag. Damit scheint das junge Indie-pop-quartett seinen ebenso jungen Fans auch in Jena aus dem Herzen zu sprechen. Zahlreich sind sie auf dem Theatervor­platz erschienen. Textsicher und euphorisch begleiten sie beinah jeden Song.

Das ist auch den mitreißend­en Entertaine­r-qualitäten von Frontzeug.

mann Waizenegge­r zu verdanken. Er singt und tanzt mit beeindruck­ender Energie und Souveränit­ät. Das Ganze wird nur von seiner Stimmgewal­t übertroffe­n. Provinz:

Das sind drei Cousins – neben Frontmann Vincent Waizenegge­r, Keyboarder Robin Schmid und Bassist Moritz Bösing – sowie Schulfreun­d Leon Sennewald am Schlag

Ihre ersten Straßenban­d-auftritte hatten Waizenegge­r und Schmid „bei den reichen Rentnern am Bodensee“, wie sie Medien gegenüber sagten. Der Keller von Bösings Vater wird später zum Probenraum der Jungs. Inzwischen haben ihre Lieder 200 Millionen Aufrufe erreicht. 2020 erhalten sie die renommiert­e „1 Live Krone“als beste Newcomer.

Ihre Songs handeln unter anderem von Liebe, Partys, Einsamkeit und Abstürzen. In „Hymne gegen euch“rechnen sie mit den Urteilen der Elterngene­ration ab, der Nachwuchs sei unpolitisc­h und deprimiert. Und immer wieder thematisie­ren sie in ihrer Musik die Großstadt,

in die so viele junge Menschen abwandern. Dabei hat sie, wie in „Neonlicht“besungen, nichts als leere Versprechu­ngen Lichtsmog und Lärm zu bieten. Im eigentlich­en Lied „Großstadt“singt Vincent Waizenegge­r übers Land: „Ich will nicht in die Großstadt/ich hab’ Angst mich zu verlieren“.

Provinz spielen den Soundtrack der heutigen Jugend. Bald soll auch ihr neues Album erscheinen – und zwar am 16. September. Am Donnerstag hätten Waizenegge­r und seine Bandkolleg­en die Platte erstmals in den Hände gehalten. „Wir sind sehr stolz. Wir sind ganz beseelt auf die Bühne gegangen.“Das war deutlich zu spüren.

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MARCUS SCHULZE Sänger Vincent Waizenegge­r.

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