Thüringer Allgemeine (Arnstadt)
Las Vegas versöhnt die Kritiker
Um das Formel-1-rennen gab es viel Ärger, doch dann folgt ein packendes Rennen mit dem schon gewohnten Sieger
So wenig Lust auf den Großen Preis von Las Vegas hatte Max Verstappen, dass er auf die Frage, was ihm bei dieser Formel-1-premiere am besten gefiele, entgegnete: „Mein Hotelzimmer.“Aber das war vor dem vorletzten Rennen der Saison, und nach einer missglückten Generalprobe. Am Samstagabend, kurz vor Mitternacht Ortszeit, hörte sich das ganz anders an. Nach spektakulären 50 Runden Casino-rundfahrt auf einem rutschigen und ultraschnellen Kurs ertönte aus dem Cockpit des Weltmeisters ein Loblied: „Viva, Las Vegas!“
Gut, ein Elvis Presley wird der Niederländer nicht mehr werden, aber er scheint nach seinem 18. Saisonsieg immerhin so versöhnt mit dem Glitzer-rennen zu sein, dass er den Fans, die ihn ob seiner ätzenden Kritik vorher ausgebuht hatten, gar zurief: „Ich freue mich schon, wenn wir zurückkommen!“Wie ehrlich das war, sei dahingestellt, vielleicht wollte er nur einen weiteren Affront vermeiden. Aber die Premiere auf dem Strip konnte keinen kaltlassen.
Was den Weltmeister plötzlich gezähmt hatte, war ein äußerst turbulenter
Rennverlauf, mit Safety-carphasen, Rad-an-rad-duellen, Verbremsern, Zeitstrafen, Revanchen – und er immer mittendrin. Verstappen zeigte seine Extraklasse im Duell mit dem einmal mehr unglücklichen Charles Leclerc, der den möglichen
ersten Saisonsieg im Ferrari weggeworfen hatte. Am Ende versuchte er seinem Red-bull-teamkollegen Sergio Perez zu helfen, Zweiter zu werden. Das klappte zwar nicht, aber der Mexikaner steht dennoch als Vize-weltmeister fest,
da Mercedes erneut patzte. Erstmals in der Teamgeschichte belegen Red-bull-fahrer damit die ersten beiden Plätze in der Fahrerwertung. Verstappen ist mit 53 Erfolgen nun auch Dritter in der ewigen Siegerliste, gleichauf mit Sebastian Vettel.
Formel-1-besitzer Liberty Media hat im Verbund mit den Casino-betreibern nie ein Hehl daraus gemacht habe, dass es vor allem darum gegangen ist, möglichst viel Geld zu verdienen. Was grundsätzlich nicht überraschen darf in diesem Sport. Doch die x-fach überhöhten Preise für Zimmer und Tickets und die Penetranz der Showeffekte schienen zu bestätigen, dass die Formel 1 in der Stadt der Sünde, wo Gier als gute Charaktereigenschaft gilt, nur als eine rasende Slotmaschine gesehen wurde. Vielleicht war der Königsklasse aber einfach nur ein Spiegel vorgehalten worden. Am Ende verdienen alle an dem rasenden Roulette mit.
Angesichts der sportlichen Galavorstellung sind auch die allermeisten Fans höchst zufrieden, die VIPS sowieso. Ganz ausgestanden ist der Ärger aber nicht, dass am ersten Tag die Zuschauerränge von der Polizei geräumt worden waren, kurz bevor es doch losging. Die um die Action Geprellten wollen sich nicht mit 200-Dollar-gutscheinen für den Fanshop abspeisen lassen, sie beauftragten zwei Anwaltskanzleien, die für jeden Ticketbesitzer 30.000 Dollar als Entschädigung fordern.