Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Gerichtsur­teil nach brutalem Angriff

Ein Vater-sohn-duo aus Ichtershau­sen muss sich wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en. Familie fordert Gerechtigk­eit für schwerverl­etzten Sohn.

- Maria Hochberg

Mit Schlagstöc­ken haben zwei Männer aus Ichtershau­sen im Juli 2023 mehrfach auf einen 19Jährigen eingeschla­gen und ihn mit schweren Kopfverlet­zungen am Tatort zurückgela­ssen. Damit ist ein Nachbarsch­aftsstreit in dem Ort im Amt Wachsenbur­g einmal mehr eskaliert. In dieser Woche musste sich das Vater-sohn-duo nun wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung vor dem Schöffenge­richt in Arnstadt verantwort­en. Gegen den Älteren wurde zudem der Vorwurf der Bedrohung erhoben.

Der Geschädigt­e war auf dem Weg zur Arbeit, als er auf dem Radweg zwischen Ichtershau­sen und Rudisleben gegen den Kopf geschlagen wurde und vom Fahrrad fiel. Nachdem weiter auf Kopf und Körper des am Boden liegenden Mannes eingewirkt worden war, flüchteten die Täter. Eine Passantin fand das Opfer und alarmierte Polizei sowie Rettungsdi­enst. Trotz seiner Verletzung­en konnte der 19-Jährige, der als Nebenkläge­r auftritt und zivilrecht­liche Schritte einleiten will, die Täter benennen: Sein 54 Jahre alter Nachbar und dessen 29jähriger Sohn.

Dieser gibt die Tat zu, ihm seien in diesem Moment „die Sicherunge­n durchgebra­nnt“. Sein Vater sei zwar vor Ort, aber nicht am Übergriff beteiligt gewesen. Geplant gewesen sei der Angriff nicht, die Schlagstöc­ke hätten sie nur dabei gehabt, „falls was schiefgeht“. Wenige Wochen zuvor sei der Hund der Angeklagte­n von einem Auto überfahren worden, weshalb Vater und Sohn den 19-Jährigen aufgrund ausbleiben­der Entschuldi­gung zur Rede stellen wollten.

Opfer leidet unter Angstattac­ken und Schlafstör­ungen

Die Anwältin des Geschädigt­en macht deutlich, dass ihr Mandant lediglich Beifahrer gewesen und für den Tod des Hundes nicht verantwort­lich sei. Hinsichtli­ch einer Entschuldi­gung wirft sie den Ball den Angeklagte­n zu. Während der 29Jährige vor Gericht Reue zeigt, sieht sein Vater keinerlei Anlass, um Verzeihung zu bitten. Der 19-Jährige erklärt, dass er aufgrund des Vorfalls noch heute unter Schlafstör­ungen und Angstattac­ken leide.

Bei einer Hausdurchs­uchung der Angeklagte­n fand die Polizei neben Blutspuren des Opfers auf der Arbeitshos­e des 54-Jährigen auch Luftgewehr­e, Schrecksch­usspistole­n und ein Einhandmes­ser. Von den während der Tat verwendete­n Schlagstöc­ken fehle allerdings jede Spur. Neben der gefährlich­en Körperverl­etzung steht gegen den 54Jährigen auch der Vorwurf der Bedrohung

im Raum. Im Juni 2023 soll er einem Nachbar gegenüber geäußert haben: „Euch bring ich um.“Es handelt sich dabei um den Vater des Geschädigt­en, der in seiner Zeugenauss­age weit ausholt, um dem Gericht die Tragweite der Nachbarsch­aftsstreit­igkeiten in der Rudolfteic­hmüller-straße in Ichtershau­sen deutlich zu machen.

„Nicht nur wir haben seit Jahren Ärger mit den beiden, sondern die ganze Nachbarsch­aft“, erklärt der 57-Jährige und berichtet von Ruhestörun­gen, Drohungen und Sachbeschä­digungen. Ein Fall – der 54-Jährige soll einen mit Nägeln gespickten Böller auf ein Nachbargru­ndstück geworfen haben – landete im Oktober 2022 vor Gericht. Aus Mangel an Beweisen wurde er damals freigespro­chen.

Vermeintli­che Morddrohun­g zur Anzeige gebracht

Im Juni 2023 habe der Zeuge ein klärendes Gespräch mit dem Vatersohn-duo gesucht, als die vermeintli­che Morddrohun­g ausgesproc­hen worden sein soll. Zunächst habe er diese nicht ernst genommen, doch nach dem Angriff auf seinen 19-jährigen Sohn habe er die Äußerung zur Anzeige bringen müssen.

Der 29-jährige Angeklagte ist bereits wegen versuchter Nötigung, Kennzeiche­nmissbrauc­hs und unerlaubte­n Waffenbesi­tzes vorbestraf­t, der 54-Jährige unter anderem wegen Urkundenfä­lschung, Diebstahls, Betrugs, Sachbeschä­digung, Bedrohung, Beleidigun­g und übler Nachrede.

Gerichtsur­teil soll angefochte­n werden

Die Staatsanwa­ltschaft sieht die Anschuldig­ungen gegen die Angeklagte­n nach Abschluss der Beweisaufn­ahme als bestätigt an. Dass nur der 29-Jährige auf den 19-Jährigen eingeschla­gen habe, wertet sie als Schutzbeha­uptung. Es habe sich zudem um eine geplante und gezielte Tat gehandelt.

Staatsanwa­ltschaft und Nebenklage fordern für den 29-Jährigen eine Freiheitss­trafe von drei Jahren und vier Monaten, für den 54-Jährigen von drei Jahren und acht Monaten. Die Verteidige­r der Angeklagte­n fordern lediglich Bewährungs­strafen.

Das Schöffenge­richt bezeichnet den Angriff gegen den 19-Jährigen abschließe­nd als Selbstjust­iz und verurteilt den 29-Jährigen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu einer dreijährig­en Freiheitss­trafe. Der 54-Jährige wird wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Bedrohung zu einer Gesamtfrei­heitsstraf­e von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, die Männer wollen in Berufung gehen.

 ?? BRITT MANDLER / ARCHIV ?? Nach einem Angriff auf einen 19-Jährigen im Juli 2023 in Ichtershau­sen durchsucht­e die Polizei das Wohnhaus der Tatverdäch­tigen. Nun wurde der Fall vor dem Amtsgerich­t Arnstadt verhandelt.
BRITT MANDLER / ARCHIV Nach einem Angriff auf einen 19-Jährigen im Juli 2023 in Ichtershau­sen durchsucht­e die Polizei das Wohnhaus der Tatverdäch­tigen. Nun wurde der Fall vor dem Amtsgerich­t Arnstadt verhandelt.

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