Fast jeder zweite junge Thüringer ist ehrenamtlich engagiert
Sie trainieren Kinder, halten die Feuerwehren flott, erforschen lokale Geschichte: Die Jugend ist anders als ihr Ruf
Erfurt. Unangepasstheit, anders sein um jeden Preis, Aufstand gegen das Althergebrachte? Fehlanzeige. Egoistisch, ignorant gegenüber tradierten Werten, selbstvergessen? Auch nicht. Die Jugend von heute ist pragmatisch, „Mainstream“ist für sie kein Schimpfwort mehr, Werte wie Familie und Heimat gewinnen an Bedeutung. Sie interessiert sich zunehmend für Politik, auch abseits der etablierten Parteien, träumt von Selbstverwirklichung im Beruf, will aber auch genug Zeit für Familie und Freizeit.
So lassen sich die Ergebnisse der beiden jüngsten großen Jugendstudien (von Shell und Sinus) zusammenfassen. Mit schöner Regelmäßigkeit versuchen Forscher das Rätsel „Jugend“und wie sie tickt zu ergründen. Abgesehen davon, dass „die“Jugend genauso wenig zu generalisieren ist wie etwa „die“Ost- deutschen, kommt vor allem regelmäßig heraus: Das Klischee stimmt nicht. Ein Befund, der sich auch in Thüringen belegen lässt.
Zum Beispiel beim Ehrenamt, das landläufig eher als Tätigkeitsfeld älterer Semester wahrgenommen wird. Ohne ehrenamtlichem Engagement junger Menschen, widerspricht Sandra Vent-Reuß von der Thüringer Ehrenamtsstiftung dieser These, würde es in so manchen Orten keine Freiwillige Feuerwehr, keine Jugendausbildung, kein Sporttraining für Kinder mehr geben.
Die Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen zum freiwilligen Engagement liefert belastbare Zahlen dazu. Die Thüringer zwischen 14 und 29 sind die Bevölkerungsgruppe, die am häufigsten freiwillig öffentlichen Belangen dient: Fast jeder zweite in dieser Altersgruppe engagiert sich im Freizeitbereich, im Umweltschutz, im Rettungsdienst, bei der Feuerwehr oder in sozialen Bereichen.
Rund 1000 junge Thüringer traten in diesem Herbst ihr freiwilliges „Thüringen Jahr“an. Sie pflegen Senioren, pflanzen Bäume, arbeiten in Kirchgemeinden und Kulturprojekten oder helfen bei der Erhaltung historischer Bauten.
Sichtbar ist die Bereitschaft, sich in zivilgesellschaftliche Strukturen einzubringen und ihre historischen Wurzeln zu kennen. Der diesjährige Geschichtswettbewerb des Landtagspräsidenten zum Beispiel, der von der Thüringer Allgemeinen unterstützt wird: Hier erforschten Schüler jüdisches Leben in Erfurt, die Historie eines einstigen Klosters oder die wechselhafte Geschichte des Was macht eigentlich ein Dachdecker? Wie kommt der Putz an die Wand? Wie heiß ist die Flamme beim Schweißen? Warum kann man mit einer Brille besser sehen? Die Antworten auf diese und viele andere Fragen suchten sich die Tinte-Reporter der TA in den vergangenen Wochen bei den Thüringer Handwerkern. Weimarer Atriums. In der kommenden Woche startet die dritte Auflage des Projekts.
Nächstes Beispiel für eine engagierte Jugend: Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt hat sie ein eigenes Forum gegründet, das soziale und politische Jugendprojekte fördert und damit Heimat mit gestaltet. Der richtungsweisende Name des Zentrums: Zukunftsladen.
Tinte-Reporter in Thüringen unterwegs
Denn neben dem Lehrerinstitut Thillm ist auch die Erfurter Handwerkskammer TintePartner. Gestern wurden dort einige Arbeiten präsentiert. Über 1100 Schüler aus
Grund- und Regelschulen haben sich am diesjährigen Tinte-Projekt beteiligt und in den letzten Wochen die Arbeit der Redaktion kennengelernt.