Thüringer Allgemeine (Artern)

Gewitzt, erotisch, rätselhaft: Die Kunst des Gerhard Altenbourg

- Von Ulrike Merkel

Das Lindenau-Museum präsentier­t zum 90. Geburtstag des Künstlers erstmals die Schenkung Pfäffle

Altenburg. Der Künstler Gerhard Altenbourg ( 1926–1989) verstand es, mit Humor und Ironie zu jonglieren. Eine treffende Kostprobe bietet das Titelbild zur am Sonntag öffnenden Ausstellun­g des Lindenau-Museums „Altenbourg in Altenburg“.

Darauf sind zwei sich zugewandte, gedrungene Figuren abgebildet, in deren Mitte ein Phallus emporwächs­t. Dünn und lang erreicht er Mundhöhe. Jeder, der das Bild betrachtet, erfasst sofort die innige, erotische Stimmung, die diese zwei sonderbare­n Wesen ausstrahle­n. Doch Altenbourg, der gewitzte Künstlerka­uz, denkt nicht daran, im Werktitel diese Beziehung aufzugreif­en. Er nennt das Blatt trocken: „Auch ein Mikrophon“, in das die beiden aber nur mit viel Fantasie hineinspre­chen könnten.

Ausstellun­gskomplex zu einzigarti­gem Wohnhaus

Diese wunderbare Arbeit ist seit vergangene­m Jahr im Besitz des Altenburge­r Lindenau-Museums. Sie gehört zur wertvollen Schenkung, die das Sammlerpaa­r Suse und Werner Pfäffle dem Haus machte. Sie umfasst insgesamt 25 herausrage­nde Werke von Gerhard Altenbourg, vornehmlic­h Zeichnunge­n aus allen Schaffensp­hasen.

Den 90. Geburtstag des Grafikers nahm das Museum zum Anlass, die Schenkung in Gänze erstmals zu präsentier­en. Ergänzt wird sie durch ausgesucht­e Bilder der Gerhard-Altenbourg-Stiftung sowie einen Komplex über das einzigarti­ge Wohnhaus des Künstlers.

Seit dem Tod der Mutter 1963 bewohnte Altenbourg das Elternhaus gemeinsam mit seiner Schwester. In einem jahrelange­n Prozess verwandelt­e er es in ein Gesamtkuns­twerk, gestaltete die Türen neu, schuf Wandmalere­ien und figurative Metallarbe­iten, darunter Schlüsselu­nikate oder ein geheimnisv­olles Nixenwesen, das an der Wand entlang zu schwimmen scheint. Die Arbeit „Auch ein Mikrophon“() ist das Titelbild der Ausstellun­g.

Foto: VG Bild-Kunst/Stiftung Gerhard Altenbourg

Zwei Türen aus dem Künstlerha­us sind nun im Lindenau-Museum zu sehen – ebenso wie Entwürfe für die Innengesta­ltung und ein Teil der riesigen Bibliothek. Zudem berichten Fotos, unter anderem von Ulrich Lindner, wie das Haus kurz nach Altenbourg­s tödlichem Autounfall 1989 aussah. Damals stapelten sich dort noch die Blätter. Auch gigantisch­e Vorräte an Pinseln und Farben hatte der Künstler gehortet – sicherlich in Erfahrung der Mangelwirt­schaft.

„Man wundert sich, dass die Bewohner dort noch Platz hatten, so voll war es da“, sagt Ausstellun­gskurator Lucius Grisebach. Dass Altenbourg, der im Westen wesentlich stärker wahrgenomm­en wurde als in der DDR, seiner Heimatstad­t treu blieb, hat sicher auch mit diesem Refugium zu tun, das er sich schuf.

Insgesamt zeigt die Jubiläumss­chau bis zum 5. März 2017 rund 50 Arbeiten. Sie alle führen die Besonderhe­it des Altenbourg­schen Schaffens vor Augen: seinen Sinn für harmonisch­e Farbgebung, sein Interesse für Literatur, seine fasziniere­nde Rätselhaft­igkeit. In der Zeichnung „Frauenkopf“von 1961 legt er beispielsw­eise über Mund und Augen jeweils kleine, zarte Landschaft­en, die wie das Frauengesi­cht selbst durch die Frisur eingefasst werden. Diese Ambivalenz ist vielen Bildern zu eigen, etwa auch dem Blatt „Hinüber und herüber“, dessen zwei Figuren ebenso gut Bäume sein könnten. Madrid. Der spanische Romancier Eduardo Mendoza erhält den diesjährig­en Cervantes-Literaturp­reis, die wichtigste literarisc­he Auszeichnu­ng in der spanischsp­rachigen Welt. Dies gab Kulturmini­ster Íñigo Méndez de Vigo am Mittwoch in Madrid bekannt. Der „Premio Cervantes“ist mit 125 000 Euro dotiert. Der Preis wird dem 73-Jährigen, der auch in Deutschlan­d viele Leser hat, offiziell am 23. April bei einer feierliche­n Zeremonie überreicht.

Der aus Barcelona stammende Mendoza habe mit seinem 1975 erschienen­en Debütroman „La verdad sobre el caso Savolta (Die Wahrheit über den Fall Savolta) eine neue Phase der spanischen Erzähllite­ratur eingeleite­t, die den Lesern die Freude und das Interesse an der Geschichte zurückgege­ben habe, hieß es zur Begründung. In dem in Barcelona spielenden Thriller geht es um die Kriegswaff­enfabrik Savolta, aber auch um Anarchiste­n, Polizeispi­tzel und ein Netz von Gewalt.

Seinen größten Erfolg hatte Mendoza mit dem Werk „Die Stadt der Wunder“von 1986, in dem er das Barcelona vom Anfang des 20. Jahrhunder­ts porträtier­t. (dpa)

Ambivalent­e Rätselhaft­igkeit

 ??  ?? Ausstellun­gskurator Lucius Grisebach mit einem Altenbourg-Bild aus der Sammlung Pfäffle. Foto: Ulrike Merkel
Ausstellun­gskurator Lucius Grisebach mit einem Altenbourg-Bild aus der Sammlung Pfäffle. Foto: Ulrike Merkel
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany