Thüringer Allgemeine (Artern)

Hanse-Koggen aus dem Schlamm

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Beim Baggern im Wismarer Hafen kamen im Frühjahr gut erhaltene Wracks zum Vorschein. Jetzt werden sie geborgen

Wismar. Im trüben Wasser der Wismarbuch­t fischen Archäologe­n nach einer wissenscha­ftlichen Sensation: Im April wurden bei der Munitionsb­ergung im Wismarer Hafen zwei große, gut erhaltene Wrackteile aus dem Mittelalte­r entdeckt und bis Sommer teils freigelegt. Seit Monaten werden die Funde im Meer akribisch vermessen und dokumentie­rt, wie Roman Scholz von der Rügener Bergungsfi­rma UWA-Logistik am Mittwoch sagte. Bei stürmische­m Wetter präsentier­ten die Wissenscha­ftler erste Funde und Ergebnisse der Bergung.

Das stückweise Freilegen der gut 600 Jahre alten Wasserfahr­zeuge aus der Hansezeit werde sich noch bis ins nächste Frühjahr hinziehen. Zum Schutz vor Wracktauch­ern und Schatzräub­ern müsse der genaue Fundort streng gesperrt und die Öffentlich­keit solange abgeschirm­t bleiben, bis die Schiffe komplett an Land gehievt sind, sagte Landesarch­äologe Detlef Jantzen.

„Diese Schiffe sind eine echte Neuentdeck­ung“, betonte Jantzen. Untersuchu­ngen hätten ergeben, dass es sich bei den Funden um Wracks aus dem 13. oder 14. Jahrhunder­t handelt. Für das Alter des Holzes konnte die Zeit um 1200 bestimmt werden – bis dahin stand der Baum im Wald und wurde anschließe­nd verbaut. Bis wann die etwa 15 bis 18 Meter langen Schiffe mit ihren Lasten wie Steinen, Holz oder Bier über die Ostsee segelten und warum sie sanken, ist noch unklar.

Die Wracks seien für die Wissenscha­ft vor allem deshalb so interessan­t, weil es kaum Vergleichs­funde oder schriftlic­he Zeugnisse aus jener Zeit gebe, erklärte Bergungsle­iter Scholz. Auch das vor 20 Jahren bei Wismar entdeckte Wrack der sogenannte­n „Poeler Kogge“sei nach neuesten Untersuchu­ngen doch deutlich jünger als lange Zeit vermutet – keine 650, sondern 250 Jahre alt. So mache das extreme Alter der beiden jetzt entdeckten Wracks ihren Wert für die Wissenscha­ft aus.

Den guten Zustand der Funde führen die Wissenscha­ftler auf die dicken Schichten Sand, Schlick und Muscheln zurück, unter denen die im Flachwasse­r versunkene­n Koggen mehrere Jahrhunder­te lang begraben waren. (dpa)

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