Bei Pfiffi gab es einfach alles – ganz Greußen kaufte bei Weilerts ein
Aus der Korbmacherwerkstatt wurde ein Gemischtwarenladen – Firma Weilert ist seit 111 Jahren im Familienbesitz
Greußen. Haushaltwaren, Geschenkartikel, Spielwaren – Jutta Weilert und Tochter Michaela führen die Händlertradition ihrer Familie erfolgreich fort. Im vergangenen Jahr konnten die Weilerts in Greußen auf eine ereignisreiche 110-jährige Firmengeschichte zurückblicken.
Die Anfänge liegen aber noch weiter zurück. Korbmachermeister Theodor Weilert und seine Frau Johanna betrieben zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Korbmacherwerkstatt in der Flattigstraße. Als am 1. Oktober 1901 die Bahnstrecke Greußen – Keula eingeweiht wurde, entwickelte sich Greußen zu einer Einkaufsstadt und die Weilerts kauften 1905 ein Grundstück im Steinweg, nahe des Marktes. Als das Familienoberhaupt im Alter von 48 Jahren starb, übernahm 1911 Sohn Oskar das Korbmachergeschäft und erweiterte das Angebot um Leiterwagen, Bürstenwaren, Lebensmittel, Haushaltswaren und Spielzeug.
In der Firmenchronik finden sich eindrucksvolle Beschreibungen der schweren Arbeit der Händler zu damaligen Zeit. Wenn beispielsweise in Bad Frankenhausen Markttag war, brach die Familie nachts um 3 Uhr in Greußen auf. Zu Fuß ging es mit den beladenen Karren durch die Hainleite. Um 8 Uhr war das Ziel erreicht.
Im Jahr 1944 legte Oskars Sohn Horst Weilert die Prüfung zum Kaufmann ab. Nach dem Krieg kümmerte er sich im Laden um den Verkauf, während der Vater weiter als Korbmacher arbeitete. Das Geschäft wurde nach dem Krieg zu einer Institu- tion. In ganz Greußen und Umgebung hieß es „bei Pfiffi bekommt man alles“.
Im September 1952 wurde Sohn Herbert geboren, er sollte das Geschäft einmal in vierter Generation leiten.
Bevor es soweit war, expandierten die Weilerts, indem sie das Nachbarhaus im Steinweg kauften und ausbauten. 1966 konnte der neue Gemischtwarenhandel im Steinweg 14/15 eröffnen. Vom Lebensmittelver- kauf hatte man sich verabschiedet, dafür waren jetzt Modelleisenbahnen mit im Angebot. Der Verkauf von Porzellan und Bestecken nahm zu.
Der Einkauf von Waren wurde in der DDR immer schwieriger. Während Ehefrau Erika den Verkauf und die Buchführung managte, knüpfte Horst Weilert Kontakte zu Herstellern im ganzen Land. Wenn er ein paar Greußener Salamis in seinem Auto mitführte, dann klappte auch der Einkauf von Korbwaren in Kindelbrück, Porzellan in Reichenbach, Gartenzwergen in Gräfenroda oder Kristall in Arnstadt. Herbert Weilert bestand 1970 seine Prüfung zum Fachverkäufer und heiratete 1974 seine Freundin Jutta.
„Ich stamme aus der Lausitz und war erst 18 Jahre alt“, erinnert sich die heute 60-Jährige an ihren Umzug nach Greußen, wo die gelernte Konditorin sofort als Verkäuferin in das Familienunternehmen einstieg.
Nach der Wende gründeten Horst und Herbert Weilert eine GmbH und erweiterten den Firmensitz nochmals durch den Kauf des Hauses im Steinweg 13. Unter dieser Adresse ist das Geschäft auch im 111. Jahr seines Bestehens zu finden. Michaela Weilert führt die Firma gemeinsam mit ihrer Mutter Jutta in der fünften Generation, nachdem ihr Vater Herbert und Opa Horst Weilert im Jahre 2003 viel zu früh verstarben.
„Ich wollte schon als Kind immer Spielzeugverkäuferin werden“, bekennt Michaela Weilert. „Außerdem dekoriere ich für mein Leben gern.“So ist es nicht verwunderlich, dass das Spielzeug eine große Fläche neben Haushaltswaren und Geschenkartikeln einnimmt und die Fenster der alten Geschäftsräume im Steinweg 14/15 noch dekoriert sind. Michaelas Sohn Felix-Maxim (12 Jahre) hilft mit großem Interesse öfters im Laden.
Bahnlinie machte Greußen zur Handelsstadt