Thüringer Allgemeine (Artern)

Das alte Thüringen auf Postkarten

- Von Claudia Bachmann

Auf 100 Karten erlaubt der Heyeröder Reiner Schmalzl in seinem ersten Buch den besonderen Blick auf Weihnachte­n und die Region zwischen Heiligenst­adt und Pößneck

Heyerode. Auf 100 Postkarten erlaubt der Heyeröder Journalist Reiner Schmalzl einen besonderen Blick auf Weihnachte­n und auf Thüringen.

Zuerst war der Philatelis­t Reiner Schmalzl. Aus ihm wurde der Postkarten-Sammler. 20 Jahre ist das inzwischen her. Mittlerwei­le kann der Redakteur unserer Zeitung von sich behaupten, in Thüringen eine der umfangreic­hsten Sammlungen von Weihnachts­karten zu besitzen. 4000, vielleicht auch 5000 seien es. Dazu kommen noch etwa genauso viele Karten zu anderen Themen sowie eine Fülle von Feldpostbr­iefen aus den beiden Weltkriege­n. „Aus dem Sammeln von Weihnachts­Briefmarke­n erwuchs die Freude an Karten mit Landschaft­sund Kinderbild­ern, auch am rotweißen Weihnachts­mann, den ich anfangs so kitschig fand“, sagt der 62-Jährige und spricht von einer Kettenreak­tion. Ein Ausschnitt aus seiner Sammlung wird in Schmalzls erstem Buch veröffentl­icht – „Das alte Thüringen auf Postkarten“.

Darin geht es um die CocaCola-Lüge, um duftende Weihnachts­karten aus Erfurt, Urlaubsgrü­ße aus Thüringen und Raritäten für das britische Königshaus. Schmalzl war es, der 2007 die Coca-Cola-Lüge entlarvte. „Es wurde immer behauptet, der rot-weiße Weihnachts­mann sei ein Werbeträge­r der amerikanis­chen Getränkefi­rma, den man 1931 installier­te. In Wirklichke­it aber gab es den Weihnachts­mann schon 30 Jahre früher“, erzählt er. Gefunden hat er den Beweis in einer Weihnachts­kartensamm­lung von Christl Hütten aus Beuren bei Leinefelde im Eichsfeld. Auch diese Geschichte findet ihren Platz in dem jetzt erschienen­en Buch. Auf Flohmärkte­n und in Auktionen im Internet wird Reiner Schmalzl fündig, um seine Sammelleid­enschaft zu stillen. Erst dieser Tage ergänzte eine weitere Weihnachts­karte die Sammlung des Eichsfelde­rs – abgestempe­lt am 24. Dezember 1912 in Vacha. Eine Frau Rosa aus Sünna schrieb sie nach London. Über einen Sammler aus Kassel kam sie nun in Heyerode und damit wieder in Thüringen an.

Reiner Schmalzl gehört zu jenen, die übers Jahr regelmäßig Karten und Briefe schreiben. Zu Weihnachte­n werden es „so um die 60 Karten“. Und zwar Reprints 100 Jahre alter Karten oder selbst gestaltete Karten. Auch der Trend der Postkarten­Verlage gehe zu Nostalgie-Karten. Der Heyeröder Schmalzl begründet dies mit der „Sehnsucht nach der heilen Welt aus Großmutter­s Zeiten“. Modernen Weihnachts­karten aber kann er nur wenig abgewinnen.

Die Hochphase der Postkarten sieht der Experte in den Jahren zwischen 1900 und 1915 an- Reiner Schmalzl: „Das alte Thüringen auf Postkarten“, Klartext Verlag, 96 Seiten;14,95 Euro

Erhältlich ist das Buch in unseren Pressehäus­ern – gesiedelt, in den 1930er- und den 1950er/1960er-Jahren.

Trotz seiner zwei Jahrzehnte Sammelleid­enschaft: Schmalzl kann noch immer staunen über die Postkarten, darüber, wie aufwendig sie gestaltet wurden. Die Jahre um 1920, als Postkarten mit Stadt- und Landschaft­smotiven aufkamen, bezeichnet der Journalist als die erste Werbekampa­gne für Thüringen. Und so haben auch verschiede­ne dieser Motive Aufnahme gefunden in sein Buch. Das alte Arnstadt findet sich darin wieder, Eisenach mit Wartburg und Lutherhaus, Leinefelde, Heiligenst­adt, Nordhausen, aber auch Ostthüring­en mit Jena und Pößneck. In eine der Stadtansic­hten ist er besonders verliebt: Eine Marktszene auf dem Mühlhäuser Untermarkt mit Ständen und Pferdewage­n. Einen Stempel trägt sie nicht. Dennoch ist sich Schmalzl sicher, dass sie wohl um 1900 gedruckt wurde. Die Begründung hat er parat: „Die Rückseite war bis 1904/05 nur für die Anschrift vorgesehen; erst danach wurde sie geteilt – in einen Bereich fürs Adressfeld und einen für den Gruß.“

Waren es anfangs vor allem die Motive auf der Vorderseit­e, so entdeckte Reiner Schmalzl recht schnell auch seine Begeisteru­ng für das Geschriebe­ne, für die Schicksale der Schreiber und Empfänger – besonders von Feldpostka­rten. Die würde er gern weiter analysiere­n und in einem Buch aufarbeite­n.

Kürzlich ebenfalls im Klartext Verlag erschienen: „333 Dinge, die man in Thüringen erlebt haben muss“und „Konsum-Marken“, Band 1, Unterhalts­amer Rückblick auf Ostprodukt­e auf 104 Seiten.

alt ist Reiner Schmalzl. Er wurde 1954 in Mühlhausen geboren, wuchs in Hüpstedt auf und lebt nun in Heyerode. Er hat zwei Töchter und ist zweifacher Großvater.

hat er bereits selbst gestaltet: 2002 im Sparkassen­haus Mühlhausen, 2004 zum Weihnachts­markt in Heyerode, 2007 in der Kirche St. Nikolaus in Heuthen im Eichsfeldk­reis, 2008 in den Mühlhäuser Museen und 2013 in der Burg in Großbodung­en. Am vierten Advent dieses Jahres will Rainer Schmalzl auf dem Weihnachts­markt im Kloster Anrode bei Bickenried­e ausstellen.

Nostalgie-Karten liegen wieder im Trend

lang sammelt er nun Postkarten. Vorher war er ausschließ­lich Philatelis­t.

allein zum Thema Weihnachte­n hat er zusammenge­tragen. Insgesamt 10 000 Karten.

wurden in diesen Tagen bestellt, um 2000 Postkarten zu archiviere­n.

er mit am Buch „Der Papst im Eichsfeld: wie wir Benedikt XVI. in unser Land holten“.

Fakten zum Buch

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Zu den beliebtest­en Motiven aus Nordthürin­gen zählt natürlich das Kyffhäuser-Denkmal. Es ist  Meter hoch und wurde von  bis  zu Ehren von Kaiser Wilhelm I. errichtet. Nach dem Völkerschl­achtdenkma­l in Leipzig und dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal an...
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Im Sommer  erfreute dieser abgebildet­e Kartengruß aus Sondershau­sen Empfänger in der Ludwigstad­t.
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Reiner Schmalzl sammelt seit zwei Jahrzehnte­n Postkarten.   sind es mittlerwei­le, schätzt er. Foto: Sascha Willms
 ??  ?? Die Wartburg bei Eisenach im weißen Winterklei­d – ein besonderer Gruß zum neuen Jahr.
Die Wartburg bei Eisenach im weißen Winterklei­d – ein besonderer Gruß zum neuen Jahr.
 ??  ?? Als Eisenbahnf­reund kann sich der Buchautor besonders über den über das Viadukt bei Heyerode fahrenden Zug freuen.
Als Eisenbahnf­reund kann sich der Buchautor besonders über den über das Viadukt bei Heyerode fahrenden Zug freuen.
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Feldpost-Geschichte­n möchte Schmalzl in den nächsten Jahren aufarbeite­n. Auch spezielle Weihnachts­karten gab es.
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