Artern und der Hilferuf um finanzielle Unterstützung vom Land
In drei Jahren ist die Rücklage der Stadt aufgebraucht. Kommunalaufsicht: Sparen bei den freiwilligen Leistungen
Jürgen Ratsch, Freibad Oldisleben, freut sich nach der Zwangspause auf die Saison Silvio Kunze (42), Bauunternehmer in Heldrungen:
Fünf Monate waren meine Leute 2016 in der Heimat in Thüringen/Sachsen-Anhalt im Einsatz. Seit zwei Wochen haben wir wieder zwei Großaufträge in München: An der Bundesbank und einem denkmalgeschützten Schulgebäude übernehmen wir die Zimmerer- und Dacharbeiten. Foto: Wilhelm Slodczyk Artern. Schlecht sieht sie aus, die Finanzsituation der Stadt Artern für die nächsten Jahre. Sogar sehr schlecht. Bleibt alles so wie es ist, wäre die Rücklage, also der städtische Sparstrumpf, in drei Jahren aufgebraucht. Und es würde dann ein Minus geben.
2017 ist die Welt für Artern noch in Ordnung. Der Haushalt ist in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen. Doch die Kommunalaufsicht genehmigt den Haushalt nicht, wie Bürgermeisterin Christine Zimmer (CDU) auf Nachfrage von Thüringer Allgemeine schildert.
„Weil wir in der Haushaltssicherung sind, ein Sparkonzept nötig ist – und das für die nächsten fünf oder gar zehn Jahre.“
Die Kommunalaufsicht habe den Hinweis gegeben, generell bei den sogenannten freiwilligen Leistungen 40 Prozent einzusparen. „Okay, beim Freibad können wir etwas sparen. Beim Freizeitzentrum gibt es einen Vertrag zwischen Stadt und Kreis. Jeder verpflichtet sich, die Hälfte zu zahlen. Wie also sparen? Die Bibliothek hat sowieso nur wenige Stunden auf. Also woran soll da gedreht werden?“, fragt sie.
Da wären noch die Betriebskostenzuschüsse für die Vereine. Hier den Geldhahn zudrehen? Ohne einem genehmigten Haushalt kann sich die Stadt auch nicht dem geplanten Ausbau von Straßen im Zentrum annehmen. Archivfoto: Wilhelm Slodczyk
„Nein, das geht nicht. Die Vereine sind das Leben der Stadt, sie sind ein wichtiger Faktor, hier gibt es ein großes soziales Engagement“, betont Zimmer und will an der Existenz der Vereine nicht rütteln.
„Ich sehe keine Lösung. Selbst wenn wir, was nicht passieren wird, weil es da wohl auch keine Mehrheit im Stadtrat gibt, die freiwilligen Leistungen streichen, also für Vereine,
Schwimmbad, Freizeitzentrum, Bibliothek schließen, dann wäre das Finanzproblem für ein oder anderthalb Jahre gelöst, aber dann wäre es wieder da. Wir sind Mittelzentrum, müssen bestimmte Dinge vorhalten. Dabei wäre es noch schöner, wenn es weitere Angebote geben würde.“
Es soll Gespräche mit der Kommunalaufsicht, der Landrätin, dem Landesverwaltungsamt sowie mit dem Land geben, wie
man Artern helfen kann. Mit anderen Worten, Artern sollte eine Bedarfszuweisung bekommen, um das Finanzloch zu stopfen. Doch so einfach sprudelt diese Landesquelle nicht. Da sind mehrere Bedingungen zu erfüllen. Zum Beispiel müssen Steuern bestimmte Hebesätze haben. Und es muss an der Gebührenschraube gedreht werden.
„Nötig wäre die Erhöhung der Grundsteuer B. Das würde jährlich 17 000 Euro mehr bringen. An der Friedhofsgebührensatzung sind wir derzeit dran, die Gebühr für Sondermärkte ist ja schon erhöht worden. Wir sparen schon an vielen kleinen Dingen. Es ist aber nicht der große Wurf dabei, wo wir sagen können, jetzt haben wir 100 000 Euro gespart“, sagt Christine Zimmer sichtlich unzufrieden.
„Schauen Sie sich Artern an. Wo soll man da noch sparen?“, ergänzt sie. Das klingt wie ein Hilferuf. Am Personal sparen? „Das geht auch nur bedingt. Ohne Personal können wir auch nicht unsere Aufgaben erledigen. Es gibt aber Gespräche mit der Verwaltung der Verwaltungsgemeinschaft Mittelzentrum Artern, um bestimmte Arbeiten mit zu übernehmen, wenn in Bereichen Mitarbeiter in Rente gehen. Das helfe auch perspektivisch.“
Immer wieder, sagt die Bürgermeisterin bildhaft, beiße sich die Katze in den Schwanz. „Wir freuen uns über stetig leicht steigende Gewerbesteuereinnahmen. Dafür bekommen wir aber weniger Geld vom Land und müssen auch noch mehr Kreisumlage zahlen. Ohne genehmigten Haushalt für 2017 durch die Kommunalaufsicht sind auch keine Investitionen möglich. Die aber Artern nötig hätte. Ob große oder kleine.“