Die Helden des Moments
Die Zweitliga-Basketballer der Oettinger Rockets wachsen über sich hinaus. Morgen können die Gothaer den nächsten Coup in Crailsheim landen
Erfurt. Sie standen reglos, erschöpft und glücklich, jeder für sich auf dem Parkett der Messehalle. Soeben hatten die Helden des Moments, die Basketballer der Oettinger Rockets, die zweite Play-off-Partie in der Best-offive-Serie gegen die Crailsheim Merlins noch gekippt und per allerletzem Seufzer mit 80:78 für sich entschieden.
Mit 15 Zählern hatten sie anfangs des letzten Viertels bereits hinten gelegen. Kaum einer in der immer deprimierter werdenden Halle gab noch einen Pfifferling für die Mannschaft, in der Trainer Ivan Pavic wie schon in Crailsheim auf kleine Rotation (acht Spieler) setzte. Die aber stieg urplötzlich wie Phönix aus der Asche, sammelte – angeführt von den fortan Verantwortung tragenden Darrel Mitchell und David Hicks – Punkt um Punkt gegen nun ihrerseits zunehmend beeindruckte Gäste. 4,2 Sekunden vor Schluss trat Grant Gibbs für den zuvor gefoulten und dabei verletzten Mitchell an die Freiwurflinie. Er traf einen von zweien zum 79:78. Dane Watts blieb es vorbehalten, die beiden finalen Aktionen zu setzen. Er traf einen Freiwurf und sprang in den allerletzten Gäste-Angriff. Das 80:78 und damit das 2:0 in der Serie waren perfekt.
In der Hauptrunde noch zweimal gegen denselben Gegner unterlegen, haben die Rockets in den Play-offs den Spieß umgedreht und stehen mit dem 2:0 auf dem Sprung ins Halbfinale.
Dass die Knockout-Partien für sie die wahre Herausforderung sind, wurde von ihnen gehäuft artikuliert. Nun aber setzten sie dies in die Tat um. Noch in der Halbzeitpause beim 42:52Rückstand schworen sie sich ein: Wir drehen das noch! Nie zuvor hat man sie um jeden Ball so kämpfen sehen. Obwohl wahrlich nicht alles klappte – Freiwürfe (27 von 45) wie Feldkörbe (24 von 65) waren nicht optimal – verloren die Raketen nie den Glauben an den Erfolg. Rockets-Center Robert Oehle erklärte die „Wiedergeburt“gegen die höher gewetteten Crailsheimer so: „Für die lief die Hauptrunde unbeschwert optimal. Jetzt gibt es unerwartete Probleme, die sie bisher noch nicht verarbeiten mussten. Bei uns gab es die öfter. Wir sind darin geübt und kommen offensichtlich damit besser klar.“
Ein Blick auf die dritte Partie morgen (19.30 Uhr) in Crailsheim sagt aus: Das 2:0 ist alles andere als ein Ruhekissen. Ivan Pavic dazu: „Crailsheim wird den Teufel tun, das dritte Spiel abzuschenken.“Und er erinnerte an die Play-offs 2004 in der 1. Bundesliga gegen Bonn, als seine Bamberger mit ihm als Spieler ebenfalls in der Serie schon zwei Matchbälle hatten, um noch mit 2:3 auszuscheiden.
Klar ist: Crailsheim ist unter Druck und muss gewinnen. Die Rockets müssen nicht, aber sie werden alles versuchen. Mit dem Teamspirit und der Willensstärke in der letzten Partie stehen die Chancen nicht schlecht, eine vierte Partie am Samstag in der Messehalle zu vermeiden.
Oehle: „Kommen mit Problemen besser klar“
Teamgeist: Die Raketen schwören sich mit Trainer Ivan Pavic ein. Foto: Sascha Fromm