Auf dem Tiefpunkt
Die erste Reise von US-Außenminister Tillerson nach Russland offenbart verhärtete Fronten – vor allem beim Konflikt-Thema Syrien
Russlands Außenminister Sergej Lawrow (M.) und sein US-Amtskollege Rex Tillerson. Foto: rtr Moskau/Washington. Die russisch-amerikanischen Beziehungen sind nach Darstellung von US-Außenminister Rex Tillerson wegen des Syrien-Streits auf einem Tiefpunkt angelangt. Es gebe nur wenig Vertrauen, beklagte Tillerson am Mittwoch nach einem Treffen mit seinem Kollegen Sergej Lawrow in Moskau. Der Antrittsbesuch Tillersons in Moskau war mit Erwartungen überfrachtet worden. Würde es eine Annäherung im Syrienkonflikt geben? Kann nach dem Giftgasangriff und dem US-Luftschlag in Syrien eine Eskalation verhindert werden?
Die Gespräche zwischen den Chefdiplomaten dauerten fünf Stunden, danach saßen beide noch zwei Stunden im Kreml bei Wladimir Putin. Aber auch der russische Außenminister musste hinterher einräumen, dass es noch zahlreiche Probleme gebe: „Wir sind Realisten, wir verstehen, dass ernsthafte Anstrengungen für eine Überwindung dieser Barrieren nötig sind.“Das Thema Syrien entzweit. Tillerson sagte, die USA seien überzeugt, dass die syrische Regierung rund 50 Mal Chemiewaffen eingesetzt habe. Russland ist anderer Meinung. Zumindest einigten sich beide Seiten, den Giftgaseinsatz von unabhängiger Seite untersuchen zu lassen. Und dann wurde es doch noch etwas versöhnlich: „Bei allen Problemen, das ist mein persönlicher Eindruck, gibt es nicht wenige Perspektiven zum Dialog“, sagte Lawrow.
Fast zeitgleich aber blockierte Russland mit einem Veto eine Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat. Der Entwurf hätte die mutmaßliche Attacke auf das Schärfste verurteilt und die syrische Regierung verpflichtet, internationalen Ermittlern Zugang zu gewähren.
Schon vor dem Treffen mit Tillerson hatte Russlands Präsident Wladimir Putin für einen Klimasturz gesorgt. Die Beziehungen zwischen Russland und Amerika hätten sich seit dem Amtsantritt von Donald Trump deutlich abgekühlt. „Man kann sagen, dass das Vertrauensniveau auf Arbeitsebene nicht besser geworden ist, sondern eher schlechter, vor allem auf militärischer Ebene“, sagte er dem TVSender Mir.
Russland ist einer der engsten Verbündeten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Forderungen des Westens, Assad fallen zu lassen, will Putin nicht nachgeben.
Zu dem Giftgasangriff in der Provinz Idlib vergangene Woche sagte Putin, er sehe zwei mögliche Erklärungen. Entweder handele es sich um eine Inszenierung, um die syrische Führung zu diskreditieren. Oder die syrische Luftwaffe habe eine geheime Chemiewaffenfabrik getroffen. Russland verdächtigt syrische Rebellen, über Chemiewaffen zu verfügen.
Bei einer Pressekonferenz hatte der Kremlchef jüngst die Vorwürfe, syrische Regierungstruppen hätten Giftgas gegen Zivilisten eingesetzt, mit den amerikanischen Behauptungen von 2003 verglichen, der irakische Machthaber Saddam Hussein sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen – eine Behauptung von US-Geheimdiensten, die sich später als falsch herausstellte. Putin kritisierte, dass sich die Nato-Mitgliedsländer nach dem US-Angriff in Syrien hinter Trump gestellt hätten: „Sie nicken wie chinesische Götzenbilder.“