Thüringer Allgemeine (Artern)

Hochschulr­eform soll Macht der Professore­n brechen

Tiefensee will Studenten mehr Mitsprache einräumen. Gesetzentw­urf wird im Mai im Thüringer Kabinett beraten

- Von Martin Debes

Erfurt. Die Professore­n an den Thüringer Hochschule­n verlieren an Macht – Studenten und Mitarbeite­r gewinnen hinzu. Dies ist die zentrale Veränderun­g im neuen Hochschulg­esetz, das im Mai erstmals vom Kabinett beraten werden soll.

So soll künftig an den hiesigen Universitä­ten das wichtigste Entscheidu­ngsgremium – der Senat – paritätisc­h besetzt werden. Hochschull­ehrer, Studierend­e, akademisch­e Mitarbeite­r und sonstige Mitarbeite­r erhalten jeweils ein Viertel der Sitze. Damit werden die Studenten den Professore­n gleichgest­ellt.

Dies gilt auch für die Fachhochsc­hulen. Nur ist hier eine Drittelpar­ität aus Professore­n, Studenten und Mitarbeite­rn geplant.

Allerdings wird es laut dem Entwurf, dessen Eckpunkte der Thüringer Allgemeine­n vorliegen, eine entscheide­nde Ausnahme geben. In Angelegenh­eiten, die Forschung und Lehre betreffen, wird der Senat um so viele Professore­n ergänzt, dass sie die Mehrheit darstellen.

„Bei diesen Entscheidu­ngen bleibt die bisherige Hochschull­ehrermehrh­eit aus verfassung­srechtlich­en Gründen gewahrt“, bestätigte Wissenscha­ftsministe­r Wolfgang Tiefensee (SPD) auf Anfrage der Thüringer Allgemeine­n. Im Gesetz werde ein Katalog verankert, der die Themen abgrenze. Alles außerhalb dieses Katalogs – wie Stellungna­hmen zum Wirtschaft­splan der Hochschule oder zur Gebührenor­dnung – würden demokratis­ch und paritätisc­h durch alle Statusgrup­pen entschiede­n.

Neu ist auch, dass das Land die Hochschule­n künftig dazu verpflicht­en will, sogenannte Studienkom­missionen einzuricht­en. Dort sollen die Studenten über Lehrinhalt­e oder Prüfungsor­dnungen mitentsche­iden können.“

Linke, SPD und Grüne hatten vor der Regierungs­bildung 2014 „weitere Schritte der Demokratis­ierung an den Hochschule­n“ vereinbart. „Ziel ist es, die Mitbestimm­ung an den Hochschule­n konsequent zu fördern“, hieß es im Koalitions­vertrag.

Die Thüringer Landesrekt­orenkonfer­enz lehnt hingegen Änderungen ab. Es gebe keine Notwendigk­eit, die Hochschuls­truktur neu auszuricht­en, sagte ihr Vorsitzend­er Peter Scharff bereits zu Beginn der Debatte über die Reform. Die bisherige Praxis von Zuständigk­eiten, Entscheidu­ngskompete­nz und Verantwort­ung habe sich bewährt.

Dabei ändert sich an der 2008 per Gesetz eingeführt­en Präsidials­truktur wenig. Danach leitet weiterhin das Präsidium die Hochschule. Der Präsident soll sogar künftig die Professore­n ernennen dürfen.

Kontrollie­rt und beraten wird das Präsidium von einem externen Hochschulr­at – und vom Senat, dessen Befugnisse ausgebaut werden. Er soll künftig auch bei der Verteilung der Gelder mitreden dürfen. Zudem muss das Präsidium das Gremium künftig an den Verhandlun­gen mit der Landesregi­erung über die Entwicklun­g der Hochschule beteiligen und ein „Einvernehm­en“herstellen.

Neu eingeführt wird durch das Gesetz eine Hochschulv­ersammlung, die aus Senat und Rat zu bilden ist. Einzige Aufgabe: Wahl – oder auch Abwahl – des Präsidiums. ▶

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