Thüringer Allgemeine (Artern)

Droht ein neuer Korea-Krieg?

Ein neuer Atomwaffen­test Nordkoreas könnte eine unbeherrsc­hbare Krise auslösen

- Von Dirk Hautkapp und Felix Lee

Washington/Peking. Wer in der südkoreani­schen Zehn-Millionen-Metropole Seoul eine Schutzeinr­ichtung sucht, wird meist schnell fündig. Die UBahn-Stationen sind so tief in die Erde gebaut, dass sie der Bevölkerun­g im Fall eines Kriegs mit dem kommunisti­schen Nordkorea als Zufluchtso­rt dienen sollen. Seoul ist nur 40 Kilometer von der Grenze zum Norden entfernt. In Südkorea mag sich niemand einen zweiten Korea-Krieg vorstellen – der Bruderkrie­g von 1950 bis 1953 hat drei Millionen Menschen das Leben gekostet.

Doch die Furcht vor einer Eskalation auf der Halbinsel nimmt zu. Die Führung im Norden strebt trotz internatio­naler Ächtung den Bau von Atomwaffen mit großer Reichweite an – womöglich bis in die USA. Zuletzt gab es mehrere Raketentes­ts, ein neuer, sechster Atomwaffen­test könnte bald bevorstehe­n. Ein passender Anlass wäre der „Tag der Sonne“, der 105. Geburtstag von Nordkoreas Staatsgrün­der Kim Il-sung am Sonntag. Südkoreani­sche Militärexp­erten registrier­en Vorbereitu­ngen für einen solchen Atomtest.

Ebenfalls seit Tagen versucht China, der einzige Verbündete Nordkoreas, eine solche Eskalation zu verhindern. Die Regierung in Peking bittet alle Seiten um Mäßigung. Es dürfe nicht so weit kommen, dass die Spannungen ein „unumkehrba­res und nicht zu beherrsche­ndes Stadium“erreichten, sagte Außenminis­ter Wang Yi gestern in Peking. Seit die USA in den syrischen Bürgerkrie­g eingegriff­en und Stellungen der Terrormili­z „Islamische­r Staat“in Afghanista­n bombardier­t haben, wachsen die Sorgen, Präsident Donald Trump könne ähnliche Pläne auch für Nordkorea hegen. Zwar wies ein Vertreter der USRegierun­g am Freitag einen Bericht über die Vorbereitu­ng eines Präventivs­chlages zurück. Aber Trump hat bereits den Flugzeugtr­äger „Carl Vinson“in die Region um die koreanisch­e Halbinsel beordert. Das Szenario, das weltweit für Beunruhigu­ng Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un bei einer Militärübu­ng. Wann und wo das von der nordkorean­ischen Nachrichte­nagentur verbreitet­e Foto entstand, ist unbekannt. Foto: Uncredited/dpa

sorgt, sieht so aus: Ein Atomtest Nordkoreas oder ein gezielter Angriff der USA auf nordkorean­ische Militärein­richtungen könnte verheerend­e Vergeltung­sschläge auslösen. Es käme eine Kettenreak­tion aus gegenseiti­gen Angriffen in Gang, in die auch China geraten könnte. Auch Japan könnte von nordkorean­ischen Raketen getroffen werden und zurückschl­agen. Am Ende könnte es „ein rauchendes Trümmerfel­d mit Millionen von Leichen“geben, sagt Nordkorea-Experte Rüdiger Frank von der Universitä­t Wien.

Im Wahlkampf hatte Trump noch gesagt, er werde zur Not mit Nordkoreas 33-jährigem Diktator Kim Jong-un verhandeln. „Es gibt eine 20-prozentige Chance, dass ich ihm die Raketen und die Atomwaffen ausreden kann“, hatte Trump gesagt. Heute, nach gut 80 Tagen im Amt, ist von einem Dialog keine Rede mehr.

Trump sieht Nordkoreas Atomprogra­mm, das spätestens 2020 mit Langstreck­enraketen auch US-Territoriu­m bedrohen könnte, nun als „Problem“an, das „behandelt wird“– wie und von wem, das ließ der Präsident offen. Fünf Atomtests hat Nordkorea seit 2006 durchgefüh­rt, davon zwei in der Amtszeit des

Zuerst wollte Trump mit Kim verhandeln

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