Eiertore, Eiertänze, Eierköppe
Die Diskussion ist fast so alt wie die Frage, was zuerst da war: Huhn oder Ei? Alljährlich und besonders gern zu Ostern flammt der Streit unter den Ernährungsexperten auf: Sind Eier nun ungesund oder nicht? Die Traditionalisten unter ihnen warnen vor dem hohen Cholesterin-Gehalt. Das böse Blutfett kann Arterien durch Ablagerungen verengen und somit eine Herzerkrankung hervorrufen. Alles Quatsch, meinen jetzt US-Forscher aus Michigan und Utah: Ihre neuesten Forschungen ergaben, dass ein Ei pro Tag das Risiko eines Schlaganfalls sogar reduzieren kann. So ein Geeiere!
Was sollen wir der Dotter liebenden Tochter denn nun sagen, wenn sie mit großen Augen die kleinen Köstlichkeiten im Osternest entdeckt? Vielleicht: Das blaue Ei darfst du gern nehmen, aber das grüne bleibt, wo es ist! Und das rote und gelbe rührst du auch nicht an! Oder, das andere Extrem: Wehe, wenn das Körbchen mittags nicht leer ist. Ich habe mir so viel Mühe beim Färben gegeben. Und den Eiersalat gibt es ja auch noch.
Dabei geht es doch gar nicht ums Essen, sondern ums Suchen; also um die Urform des Geocaching. Jener immer beliebter werdenden Freizeitbeschäftigung, bei der Menschen vermeintlich ziellos durch die Natur streifen, um einen Schatz zu heben. Dass dieser nicht selten in einem ÜberraschungsEi verstaut ist, hat jedoch eher etwas mit dessen praktikabler Form zu tun, als mit einer österlichen Beziehung.
Im Sport hat der Eier-Begriff längst Einzug gehalten. Wenn sich Fußballer über ein „Eiertor“ärgern, ist dies in der Regel eine mehr oder wenige deutliche Kritik an ihrem Torhüter, der (mal wieder) einen ziemlich haltbaren Ball durch die Hosenträger rutschen ließ. Oder der Gegentreffer fiel durch eine unglückliche Aneinanderreihung von Patzern und Zufällen. Bei mehreren solcher Fehlgriffe aber wird der Schlussmann auf jeden Fall bald den Beinamen „Eiergoalie“weg haben.
Eine Bezeichnung, die Jörg Schmadtke einst erspart blieb. Dafür löste der frühere Bundesliga-Torwart und heutige Kölner Manager vor ein paar Monaten die „Eierköppe“-Debatte aus; als er Schiedsrichter als eben solche tituliert hatte. Angeblich soll sich Schmadtke damit gar nicht über eine bestimmte Kopfform lustig gemacht, sondern seinem Unmut über etliche Fehlpfiffe Ausdruck verliehen haben. Das brachte ihm vom bekanntermaßen spaßbefreiten DFB-Sportgericht trotzdem eine Geldstrafe von 6000 Euro ein; vom Kölner Karnevalsverein „Löstije Eierköpp“allerdings auch die prompte Ernennung zum „Eierkopp ehrenhalber“. Eine Würdigung, die man nicht kaufen kann.
Unbezahlbar war seinerseits auch Oliver Kahns Wutausbruch, der damit sein Image als nie aufsteckender Vorkämpfer manifestierte: „Eier, wir brauchen Eier!“, brüllte der „Titan“im November 2003 nach einer 0:2-Niederlage auf Schalke ins Mikrofon des verdutzten TV-Reporters. Nur vier Worte; doch jeder wusste, was der BayernTorhüter damit meinte: Courage, Tapferkeit, Unerschrockenheit.
Jener Schneid also, der Clubverantwortlichen meistens abgeht, wenn sie sich über die Jobsicherheit ihres Trainers äußern sollen. Dann vollziehen sie den gleichen ungelenken Eiertanz wie Spieler, wenn sich die Fragen um ihre persönliche Zukunft drehen. Anstatt klare Bekenntnisse abzugeben, eiern sie lieber herum – und verlieren damit in unschöner Regelmäßigkeit ein Stück Glaubwürdigkeit.
Lukas Podolski schlägt da etwas aus der Art. Er ohrfeigt nicht nur (ungestraft) Michael Ballack, wenn der ihm auf den Zeiger geht; sondern trägt das Herz auch auf der Zunge. Als sich die Fußballwelt über Joachim Löws Griff in die Hose während eines EM-Spiels 2016 immer lauter empörte, meinte der Kölsche Junge in seiner prolligsympathischen Diktion: „Ich denke, achtzig Prozent von euch kraulen sich auch mal die Eier.“
Und schon war Schluss mit dieser pikierten Verkrampftheit. Gibt ja auch genügend Diskussionen über Eier.
Frohe Ostern!