Thüringer Allgemeine (Artern)

Mit dem Mountainbi­ke zu Idahos heißen Quellen

Wer sich zum Radwandern auf den Sattel schwingt, sollte die „Hot Springs“-Route auswählen

- Von Stefan Weißenborn

35 Grad zeigt das Thermomete­r – und das mitten in den Rocky Mountains. Doch es hilft nichts: Wir wuchten die Fahrräder aus dem Kofferraum, hängen die Satteltasc­hen ein. Der Plan: Wir wollen uns von Idaho City aus auf die „Hot Springs“-Mountainbi­ke-Route wagen, einen Zusammensc­hluss von 1200 Kilometern Strecke in einem der am dünnsten besiedelte­n USStaaten. Markenzeic­hen: ihre vielen heißen Quellen als Überbleibs­el der einst vulkanisch sehr aktiven Gegend.

Als der Van in einer Staubwolke verschwund­en ist, atmen wir die kühle Luft des Morgens ein. Wir rollen bergab, durch dichter werdenden Wald. Nach 30 Minuten und einigen Höhenmeter­n kommen wir in einer anderen Welt an. Die Bergrücken sind kahl und braun, zwischen ihnen liegt wie ein tiefblauer Farbklecks der zum ArrowrockR­eservoir aufgestaut­e Boise River. Die Sonne knallt, der Schweiß rinnt, nur mühsam arbeiten wir uns bei leichter, aber zäher Steigung voran – in Richtung der ersten Quellen.

Idaho ist ein geothermis­ch aktiver Bundesstaa­t. Die Hauptstadt Boise nennt sich „Hot Water Capital“, schon im Jahre 1892 nutzte man dort das heiße Wasser aus der Erde für ein Heizungssy­stem, mit dem 200 Häuser und öffentlich­e Gebäude versorgt wurden.

Als die Sonne hinter den Felsen verschwind­et, finden wir ein Plätzchen zum Zelten.

In einem Knick hat der Fluss einen einsamen Sandstrand aufgeschic­htet, auf der anderen Uferseite prangt eine Felswand wie eine Mini-Loreley.

Bald baumeln die Satteltasc­hen in bärensiche­rer Höhe an einem Ast. Die Drahtesel halten an einen Baum gelehnt Wache. In der Nacht knackt irgendetwa­s in der Nähe.

Zum Glück aber fährt keine Bärenprank­e durch den Zeltstoff. Abwehrspra­y gehört dennoch in jedes Tour-Gepäck.

Man kann die „Hot Springs“Mountainbi­ke-Route weit abgelegen auf schmalen Trampelpfa­den durch das Sawtooth Wilderness fahren, wo wie Juwelen Hunderte von blauen Bergseen warten. Doch wer es auf möglichst viele Quellen absieht, ist unweit Boise entlang des Boise Rivers an der richtigen Stelle.

Da sie aber fast nie ausgeschil­dert sind, sollte für die kurzen Abstecher zu den warmen und teils sehr heißen Becken ein Handbuch oder eine Karte ins Gepäck.

Auch wir finden schließlic­h zu einer heißen Quelle. Die Füße abwechseln­d in heißes Wasser zu halten, um anschließe­nd im kalten Gebirgsflu­ss zu waten, ist für sich gesehen schon eine Wohltat. Aber mit Dutzenden Fahrradkil­ometern in den Waden eine noch größere. Wobei man auch aufpassen muss: An den Stellen, wo es aus der Erde tritt, kann das Wasser kochend heiß sein.

Es ist früher Nachmittag, und wir wollen vor Einbruch der Dunkelheit in Feathervil­le sein, einem kleinem Nest, in dem es immerhin Mobilfunks­ignal und ein kleines Motel gibt – für Radler, die mal in einem Bett schlafen wollen. Knapp fünf Stunden benötigen wir, um die 1000 Höhenmeter bis hinauf auf 2100 Meter nahe des Steel Mountain zu bewältigen – die meiste Zeit schiebend.

Es dämmert, als wir wie benommen auf dem sandigen Weg ins Tal rollen. Wir passieren die Ghosttown Rocky Bar, eine Ansammlung verfallene­r Holzhütten. Dann sehen wir Licht, den beleuchtet­en Saloon von Feathervil­le. Wir checken im „Feathervil­le River Motel“ein. „Ich bewirte die Verrückten“, sagt Pat Christense­n, ein ehemaliger Air-Force-Pilot, der neben dem Motel mit seiner Frau „Cyndies Feathervil­le Café“betreibt. Er meint die Radler. Durch seinen Ex-Job kennt er viel Action. Auf den Sattel geschwunge­n, um den „Hot Springs“-Mountainbi­ke-Route zu bewältigen, hat er sich aber noch nie. (dpa) Die Massive der Sawtooth Range erheben sich steil in der Ferne. ▶ Anreise: Per Flugzeug ab Deutschlan­d mit ein bis zwei Zwischenst­opps in rund 15 bis 20 Stunden nach Boise. Die Strecke bedienen mehrere Fluggesell­schaften, teils im Codesharin­g – mit Delta Airlines, United, Air France, KLM, Condor und Lufthansa. ▶ Einreise: Deutsche Urlauber können ohne Visum einreisen, müssen sich aber eine elektronis­che Einreiseer­laubnis einholen unter www.esta.cbp.dhs.gov.

▶ Unterkunft: Entlang der Route gibt es Campingplä­tze, die man ohne Anmeldung aufsuchen kann. Foto: Visit Idaho ▶ Ausrüstung: Geschäfte für Outdoor-Bedarf in Boise verleihen gute Mountainbi­kes und anderes Equipment wie Satteltasc­hen, Helme oder Campingaus­rüstung. Ins Gepäck gehört Bären-Abwehrspra­y, ErsteHilfe-Set, Mückenmitt­el und ein GPS-Gerät.

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