Thüringer Allgemeine (Artern)

Neumodisch­e Technik kommt an

Mit dem Scenic zur Tante nach Hamburg. Der Kompakt-Van fällt auf, nicht nur der 20-Zoll-Räder wegen

- Von Andreas Rabel

Mischung aus Van und SUV. Die -Zoller sind Serie und sichern dem Kompakt-Van einen extravagan­ten Auftritt. Gera. Tante Frieda gehört zur Generation Kittelschü­rze. Das ist nicht abschätzig gemeint, sie packt halt an, hat immer zu tun – und lässt sich bei allem nicht groß reinreden. Erst hat sie die Kinder großgezoge­n und wenn ihr Mann – von Montag bis Freitag auf Montage – am Wochenende im Sessel saß, da hatte sie noch ein großes Kind mehr zu betreuen. Sie nahm es hin, tat, was getan werden musste und freute sich an den kleinen Dingen. Mal schauen, wie sie heute drauf ist. In aller Frühe hat sie mich vor ihre Haustür bestellt.

Der alljährlic­he Besuch bei der Tante in Hamburg steht an. Und ich hab‘ ihr angeboten, sie hinzubring­en. Auch mit über 80 ist Tante Frieda gut beieinande­r, winkt mir zu, reißt die Tür im ▶ Kompaktvan, Fünfsitzer ▶ 6-Gang-Handschalt­ung

▶ Vierzylind­er-Turbodiese­l ▶ Hubraum: 1598 cm3

▶ Leistung: 96 kW (130 PS) ▶ max. Drehmoment:

320 Nm bei 4000 U/min

▶ 0 auf 100 km/h: 11,4 s

▶ Spitze: 194 km/h

▶ Verbrauch, kombiniert Fond auf, wutsch ist die Reisetasch­e auf der Rückbank gelandet. Der nächste Ruck und sie sitzt neben mir, dank erhöhter Sitzpositi­on kein Problem. Für die Fahrt nach Hamburg steht uns ein Renault Scenic zur Verfügung – dass er honiggelb ist, das Dach schwarz abgesetzt, schluckt der morgendlic­he Dunst.

Überhaupt: Renault hat Mut, der Scenic duckt sich, gleicht fast einem SUV, der hat was. Meine Tante sitzt, es kann losgehen. Den Mantel behält sie an, traut Klimaanlag­en nicht, wie auch dem ganzen neumodisch­en Schnicksch­nack, den keiner braucht. Zu ihrer Zeit, da hätten sie alle abends zusammenge­hockt, einen Cognac geschlürft und über der Karte gebeugt, die beste Route ausgekunds­chaftet, dann die wichtigen

auf 100 km: 4,5 l

▶ CO2-Emission: 116 g/km ▶ Länge: 4407 mm. Breite: 1866 mm. Höhe: 1645 mm. Radstand: 2734 mm ▶ Gepäckraum­volumen:

506 bis 1554 l

▶ Leergewich­t: 1615 kg

▶ Zuladung: 508 kg

▶ Preis: ab 26 790 Euro Punkte auf der Route notiert und der Beifahrer war der Co-Pilot. Wehe dem, es wurde sich verfahren. Den großen Touchscree­n-Monitor, den Renault hochkant verbaut, beachtet sie nicht, dass ich das Navi laufen hab, sieht sie wohl – ich habe vorsorglic­h den Ton weggedrück­t. Ich schiebe die Mittelkons­ole nach hinten, zum Vorschein kommen zwei Kaffeebech­er – das kommt an. Tante Frieda trinkt in kleinen Schlücken, schaut sich um. „Schön luftig“, meint sie. Variabel ist er auch, der Scenic, erwähne ich – für die praktische­n Dinge kann sie sich erwärmen. Die Rücksitzba­nk lässt sich umklappen und längs um 16 Zentimeter verschiebe­n – da kann auch mal ein bissel mehr mit auf die Reise gehen.

In dem französisc­hen Kompakt-Van muss man nichts missen, vieles ist bereits aus dem größeren Espace bekannt. Auch der Notbremsas­sistent mit Fußgängere­rkennung ist an Bord. Ich hoffe, wir kommen nicht in eine brenzlige Situation und die Technik greift ein. Tante Friedas Vorträge zum Thema „Wie fahre ich ordentlich Auto?“sind legendär und berüchtigt. Der Kaffee ist alle und sie fängt an zu meckern, über die Tante im Norden, die alles weiß, und das meist auch noch besser.

Doch den jährlichen Besuch lässt sie sich nicht nehmen. Viel Der hochkant gestellte Touchscree­n-Monitor beherrscht den Innenraum.

los ist nicht auf den Straßen, also kommen wir zügig durch die Stadt, Richtung Autobahn. Den Tempomat stelle ich zu meiner Sicherheit auf 130 Stundenkil­ometer ein. Tante Frieda ist TrabiTempo gewohnt. Der 130-PSDiesel ist kaum zu hören Der Scenic, in vierter Generation auf dem Markt und vor 20 Jahren Begründer der europäisch­en Kompakt-Vans, rollt stets mit 20-Zoll-Rädern an. Die machen was her, doch bleibt der Komfort nicht auf der Strecke.

Tante Frieda erkundigt sich nach dem Fabrikat des Wagens: Ein Renault sei es, das Design stammt von einem Niederländ­er, Laurens van der Acker Fotos: Andreas Rabel

heißt er. Ah!, ein Holländer, das lässt meine Tante gelten, in Amsterdam war sie schon – mit dem Bus und gefallen hat es ihr auch. Dann fällt mir nichts mehr ein und dann ist es still. Sie ist eingeschlu­mmert, hat wohl doch Vertrauen zur „neumodisch­en“Technik gefasst. Ich löse den Tempomat und beschleuni­ge. Ruck zuck treffen wir in Hamburg ein. Tante Frieda erwacht, schaut auf ihre Uhr und schmunzelt: Sie weiß, dass wir schnell waren. Behände krabbelt sie aus dem Auto, ergreift ihre Reisetasch­e, umarmt die Verwandtsc­haft, winkt mir zu und ruft: Junge fahr sachte und sei am nächsten Sonnabend pünktlich.

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