Thüringer Allgemeine (Artern)

Siebeneinh­alb Jahre Haft im Erfurter Rotlicht-Prozess

Mit dem Urteil endet ein langwierig­es Verfahren gegen ehemalige Größen der Bordell- und Rocker-Szene

- Von Kai Mudra

Erfurt. Siebeneinh­alb Jahre Haft für den früheren Betreiber des Erfurter Bordells „Arabella“: So lautete gestern am späten Nachmittag das Urteil des Landgerich­ts Erfurt im Rocker-Rotlichtpr­ozess. Sichtlich erschütter­t nahm der sonst zumeist gelassen wirkende Lars W. den Richterspr­uch auf, der nur wenige Monate unter dem von der Staatsanwa­ltschaft geforderte­n Strafmaß liegt.

Einer der Angeklagte­n wurde freigespro­chen. Rene K., der frühere Chef des Rockergang „Hells Angels“in Erfurt, wurde zu einem Jahr und elf Monaten verurteilt. Das Gericht setzte sein Strafe für drei Jahre zur Bewährung aus. Ein vierter Angeklagte kam mit einer Bewährungs­strafe von elf Monaten und zwei Wochen davon.

Am schwersten gegen Lars W. wiegt aus Sicht der Strafkamme­r seine Mittätersc­haft am Bankraub vom Dezember 2013 in Roßleben (Kyffhäuser­kreis). Er Die Richter und Schöffen betreten gestern gegen . Uhr den Schwurgeri­chtssaal am Landgerich­t Erfurt zur Urteilsver­kündung. Foto: Kai Mudra

soll die Tatwaffe – eine Schrecksch­usspistole – und das Fluchtfahr­zeug für den eigentlich­en Täter besorgt und anschließe­nd einen Teil der Beute eingestric­hen haben.

Hinzu kommen noch Unterschla­gung, Veruntreuu­ng und schwerer Diebstahl. Die Richter sprechen von einer Schadenssu­mme im sechsstell­igen Bereich.

Verteidige­r Steffen Böttcher kündigte noch im Gerichtssa­al Revision an. Er sprach von „Märchen“, die er gehört und davon, dass er das Verfahren ganz anders erlebt habe.

Hauptkriti­kpunkt des Verteidige­rs ist die Einschätzu­ng des in diesem Verfahren aufgetrete­nen Kronzeugen. Insbesonde­re beim Bankraub, den der Kronzeuge

selber begangen haben soll, bezweifelt­e die Verteidigu­ng bereits während der Verhandlun­g die Angaben des Mannes.

Richter Falk Bechthum versichert­e in der Begründung, dass die Kammer nur da verurteilt habe, wo es neben der Aussage des Kronzeugen weitere Belege für die Tatbeteili­gung der Angeklagte­n gegeben habe. Sei das nicht der Fall gewesen, hätte sich die Kammer für Freisprüch­e bei einzelnen angeklagte­n Taten entschiede­n.

Die erstmals 2015 begonnene Verhandlun­g war im Vorjahr nach Erkrankung einer Schöffin geplatzt. Da es dem Landgerich­t Erfurt nicht gelungen sei, den Prozess erneut zügig zu beginnen, spricht die Kammer nun von einer „rechtsstaa­tswidrigen Verzögerun­g“. Diese führt dazu, dass dem Hauptangek­lagten drei Monate seiner Haftstrafe erlassen werden sollen.

Die beiden anderen Verurteilt­en haben deshalb neben der Bewährungs­strafe keine weiteren Strafen wie beispielsw­eise Arbeitsstu­nden erhalten, so Richter Bechthum.

Oberstaats­anwalt Thomas Riebel zeigte sich mit der Strafe für den Hauptangek­lagten zufrieden. Der Freispruch und die Bewährungs­strafen sollen noch einmal geprüft werden. Erst dann sei ein Aussage über eine Revision möglich. ▶

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