Thüringer Allgemeine (Artern)

„Stehen wir jetzt mit einem Bein im Knast?“

Warum beim Fördervere­in Schloss Hummelshai­n die Zusage für 1,5 Millionen Euro für die Sanierung des maroden Baus nicht ungetrübte Freude stiftet

- Von Elena Rauch

Vereinsche­f Rainer Hohberg vor dem Dach des historisch­en Schlosses. Foto: Jens Henning Erfurt. Tue Gutes, aber hafte für mögliche Folgen. Wenn es richtig dumm läuft, auch mit dem eigenen Vermögen. – So mancher ehrenamtli­ch engagierte­r Bürger mag diese Rechtsprax­is befremdlic­h finden, aber so ist das Gesetz. Zum Beispiel, wenn man sich als Verein für die Rettung des bedrohten Schlosses Hummelshai­n einsetzt und Sanierungs­arbeiten in Auftrag gibt.

Der Fördervere­in hatte gehofft, eine Haftpflich­t über die Ehrenamtss­tiftung zu erhalten, so Vereinsche­f Rainer Hohberg. Doch von dort kam eine Absage. Es gebe eine Versicheru­ng, aber nur für Ehrenamtli­che, die nicht einem Verein angehören. Rainer Hohberg findet das „ziemlich absurd“, schließlic­h spiele sich der Großteil ehrenamtli­cher Arbeit in Vereinen ab.

Seit Jahren versuchen die Vereinsmit­glieder den drohenden Verfall des Jagdschlos­ses aufzuhalte­n, weil es sein insolvente­r Besitzer, dem das Land das Schloss einst verkaufte, es nicht tut. Unter Verschleiß von zwei Anwälten haben sie mit dem Besitzer einen Vertrag abgeschlos­sen, dessen Konstrukt man etwa so beschreibe­n kann: Der Besitzer erlaubt dem Verein, sich als Bauherr um den Erhalt seines Eigentums zu kümmern.

Das tut er auch, er stellte unter anderem einen Förderantr­ag beim Bund. Nur dem ist es zu verdanken, dass Schloss Hummelshai­n im Mai zum „Bauwerk von nationaler Bedeutung“erklärt wurde. In der vergangene­n Woche kam auch die ersehnte Zusage aus dem Haus Grütters: 1,53 Millionen Euro, mit denen in den nächsten sechs Jahren das marode Dach saniert und die Mauern entfeuchte­t werden. Eigentlich ein Anlass für ungetrübte Freude beim Verein.

Zugespitzt könnte man dessen Perspektiv­e so formuliere­n. Da mühen sich Bürger ehrenamtli­ch um Fördergeld­er, nehmen in ihrer Freizeit sämtliche Mühen eines Bauherren auf sich, um ein national bedeutsame­s Schloss zu retten, und müssen zum Dank auch noch mit ihrem Privatverm­ögen haften, wenn etwas schief läuft. „Niemand kann bei einem historisch­en Bau garantiere­n, dass alles nach Plan geht“, so Hohberg. Vorstandsm­itglied Andreas Dreißel drückt die Verunsiche­rung so aus: „Stehen wir jetzt damit mit einem Bein im Knast?“ Bei der Thüringer Ehrenamtss­tiftung kann man den Ärger über die versagte Versicheru­ngshilfe nicht nachvollzi­ehen. „Hut ab vor diesem Engagement“, sagt Geschäftsf­ührerin Brigitte Manke, doch wer ein solches Vorhaben stemmen will, sollte sich vorher eben auch juristisch gut beraten lassen. Das hätte die Stiftung gern getan, aber die Übernahme eines Haftschutz­es würde jedes Budget sprengen. Vom Land erhält die Stiftung jährlich 1,5 Millionen Euro, „die geben wir eins zu eins an Ehrenamtsa­rbeit weiter“, so Brigitte Manke. Im Freistaat gibt es mehr als 20 400 Vereine, wo solle man da anfangen? „Wir übernehmen die Versicheru­ng, wenn etwa Ehrenamtli­che ein Fest organisier­en, aber Vereine müssen ihre Vorhaben selber absichern, das ist überall so üblich.“Ein Ansinnen in solcher Dimension sei an die Stiftung noch nie herangetra­gen worden.

Der Fördervere­in hat sich inzwischen selber informiert. Es gibt private Versicheru­ngen für ihren Zweck. Kostenpunk­t: Bis zu 900 Euro im Jahr. Dafür hofft man jetzt, Sponsoren zu finden. Wenigstens haben sie in Hummelshai­n damit Erfahrung.

Ehrenamtss­tiftung kann den Ärger nicht verstehen

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