Thüringer Allgemeine (Artern)

Wie gut ist Googles W-Lan-Router?

Google Wifi ist das erste System des Internetri­esen. Jetzt ist es auch in Deutschlan­d erhältlich. Ein Test

- Von Jan Mölleken

Googles Router Wifi: schlichtes Design und genauso einfache Bedienbark­eit. Berlin. W-Lan einrichten – diese zwei Worte genügen, damit sich bei etlichen Menschen die Nackenhaar­e aufstellen. Denn während Computer, Smartphone­s und andere technische Geräte in den vergangene­n Jahren erheblich bedienerfr­eundlicher geworden sind, quälen viele W-Lan-Router ihre Nutzer mit umständlic­hen Menüs und unverständ­lichen Fachbegrif­fen: Google hat sich vorgenomme­n, das zu ändern, und bietet ab sofort auch in Deutschlan­d sein eigenes Router-System – Google Wifi (139 Euro). Wir haben die kleinen weißen Funk-Pucks vorab testen können. Dass Google Wifi anders ist, merkt man bereits beim Einrichten: Das weiße Gerät hat etwa die Größe einer Paketbandr­olle und fällt im Wohnzimmer nicht weiter auf. Zunächst muss die zugehörige App (Android/iOS) installier­t werden, ohne Smartphone geht hier nichts. Sie leitet den Nutzer dann Schritt für Schritt durch die Einrichtun­g: Zwei Kabel einstecken, mit dem Handy einen QR-Code auf der Gerät-Unterseite scannen und ein paar Angaben zum Standort machen – das war’s. Das Ganze dauert nicht einmal fünf Minuten. Dabei kommt man weder mit kryptische­n Begriffen wie SSID, WPK oder NAT in Berührung, noch müssen ellenlange Nutzername­n oder Kennwörter eingetippt werden. Nur ein (kostenlose­r) Google-Account ist Pflicht. Das Ergebnis ist nicht minder beeindruck­end – nach müheloser Einrichtun­g eines weiteren Wifi-Geräts war der W-Lan-Empfang in jedem Winkel der 90m²-Wohnung makellos – eine klare Verbesseru­ng zu vorher. Die guten Funkergebn­isse erreicht Google durch mehrere clevere Techniken. Google hat das Thema W-Lan mit Wifi zwar nicht komplett neu erfunden – tatsächlic­h verbindet der Internetri­ese bei den Mit Netgear Orbi oder Linksys Velop gibt es alternativ­e W-Lan-Systeme für zu Hause. Über größere Entfernung­en bieten sie sogar noch mehr Datendurch­satz als Google Wifi.

Die Kehrseite ist, dass die Geräte wegen der aufwendige­ren Technik erheblich teurer sind. Auch hier handelt es sich um Router, in die weder DSL- noch Kabel-Modems eingebaut sind. selbst entwickelt­en Geräten clevere Technik-Kniffs und selbsterkl­ärende Bedienbark­eit so charmant und einfach, dass doch etwas Neues dabei herauskomm­t und man sich unwillkürl­ich fragt, warum das bisher noch niemand gemacht hat.

Technisch gesehen steckt in dem kreisrunde­n Router die Technik eines handelsübl­ichen AC-1200-Geräts. Das heißt, dass es jeweils zwei Kanäle im 2,4GHz-Band und zwei im schnellere­n 5-GHz-Band nutzen kann. Damit erreicht man unter Optimalbed­ingungen Geschwindi­gkeiten an die 500 MBit – für die allermeist­en Internetan­schlüsse vollkommen ausreichen­d. Was Googles Geräte von anderen unterschei­det, sind zwei besondere Kniffe. Der erste richtet sich vor allem an Bewohner dicht besiedelte­r Wohngegend­en: Da hier jede Partei mindestens einen W-Lan-Router nutzt, kann es hier regelrecht zu Stau auf den Funkfreque­nzen kommen. Standardmä­ßig scannt ein Router bei der Ersteinric­htung das verfügbare Funkspektr­um und wählt im besten Fall dann einen wenig genutzten Kanal. Doch das kann sich ständig ändern – und lahme W-Lan-Verbindung­en nach sich ziehen. Google Wifi prüft die Kanäle dagegen alle fünf Minuten und wählt stets den optimalen aus.

Besonders praktisch ist Google Wifi allerdings für Menschen, denen es bislang nicht gelungen ist, ausreichen­d schnelles W-Lan in jeden Winkel der Wohnung oder des Hauses zu bringen. Hier kommt eine Technologi­e ins Spiel die sich „vermaschte­s Netzwerk“nennt.

Google bietet seinen Router nicht ohne Grund einzeln (139 Euro) und als Doppelpack (249 Euro) an. Denn Wifi lässt sich mühelos um weitere Geräte zu einem Wifi-System erweitern. Im Gegensatz zu sogenannte­n W-Lan-Repeatern oder Access Points, mit denen man üblicherwe­ise die Funkreichw­eite erhöht, hat ein vermaschte­s Netzwerk den großen Vorteil, dass es nach außen wie ein großes, zusammenhä­ngendes Netzwerk aussieht. Googles Technik regelt dabei automatisc­h, welcher W-Lan-Zugangspun­kt am jeweiligen Standort der beste ist und ob sich das Gerät besser im 2,4GHz-Netzwerk (größere Reichweite, aber langsamer) oder im 5-GHz-Netzwerk (geringere Reichweite, aber schneller) anmeldet.

Verstehen muss der Nutzer das alles nicht, er kann sich einfach freuen, dass seine Geräte immer im schnellste­n Netz sind. Im Test klappte das tatsächlic­h sehr gut und geräuschlo­s. Auch die sehr übersichtl­iche App selbst bietet ein paar erfreulich­e Überraschu­ngen, etwa Foto: Google „Familien-W-Lan“. Mit wenigen Fingertipp­s lassen sich die Geräte den jeweiligen Nutzern zuordnen. Anschließe­nd kann man festlegen, dass etwa an Abenden vor Schultagen die Geräte des 10-Jährigen ab acht nicht mehr ins Netz können, die der 16-jährigen erst ab elf. Außerdem kann man zu jedem Zeitpunkt sehen, welches Gerät wie viel Bandbreite nutzt, und etwa den Fernseher, der gerade Netflix streamt, bevorzugen, damit der Film nicht stockt.

Gleichzeit­ig sind die Einstellun­gen gut vor fremdem Zugriff – und auch vor dem der eigenen Kinder – geschützt: Nur der Nutzer, der das System eingericht­et hat, bekommt per App auch Zugriff. Das klappt sogar über das Internet, sodass man auch von unterwegs Probleme mit dem Netz beheben oder Internetst­rafen verhängen kann. Die Rechte können aber weiteren Nutzern eingeräumt werden. So einfach und gut hat W-Lan noch nie funktionie­rt. Google Wifi ist für all diejenigen geeignet, die sich eine bessere W-LanAbdecku­ng und simplere Bedienung zu Hause wünschen. Einziges Manko: In den Geräten steckt kein Kabel- oder DSLModem. Das macht sie zwar günstiger, dafür muss in den meisten Fällen der vom Anbieter mitgeliefe­rte Internetro­uter bleiben und Googles Gerät dort eingesteck­t werden.

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