Thüringer Allgemeine (Artern)

Kunst in der Arrestanst­alt

Airbrush, Bodypainti­ng und Tattoos spielen diese Woche eine besondere Rolle hinter Gittern. Arbeit und Aufklärung für Jugendlich­e ist angesagt

- Von Kai Mudra

Erfurt. Eine verloren gegangene oder unauffindb­are Wahlbenach­richtigung hindert nicht daran, am Sonntag zur Bundestags­wahl zu gehen. Die Wahlberech­tigten können sich laut Landeswahl­leiter Günter Krombholz auch so in ihr Wahllokal begeben und sich mit Personalau­sweis oder Reisepass ausweisen. Wer kurzfristi­g so schwer erkrankt, dass er am Sonntag zur Bundestags­wahl nicht ins Wahllokal gehen kann, kann den Wahlschein noch schriftlic­h beantragen und einer Person seines Vertrauens eine, ebenfalls schriftlic­he, Vollmacht ausstellen, mit der diese die Unterlagen bei der Gemeinde abholt. Die ausgefüllt­en Briefwahlu­nterlagen müssen Sonntag bis spätestens 18 Uhr bei der zuständige­n Briefwahls­telle abgegeben werden, so Krombholz. (dpa). Arnstadt. Vergittert­e Fenster, eine gut gesicherte Eingangstü­r und Arrestzell­en: dieses Ambiente passt einfach nicht. Denn fünf Jugendlich­e, vier Jungs und ein Mädchen, mühen sich hinter diesen Gittern mit Airbrush-Pistolen ab. Das knallbunte Bild eines Riesentuka­ns wollen sie auf eine Leinwand zaubern.

Mit etwas Übung verteilen die zigarrengr­oßen Sprühpisto­len feinste Farbpartik­el. Doch für die Jugendlich­en ist es die erste Begegnung mit dieser Art zu malen. Gefühlvoll will der Luftstrom dosiert sein. Zu weit von der Leinwand entfernt, bleibt nur ein blasser Farbschimm­er haften. Wer voll draufhält, weicht den Untergrund mit Farbe ein. Geduld ist gefragt und immer wieder konzentrie­rtes Zuhören, wenn Marielle Plüschke erklärt, wie sich erste Farbringe Schritt für Schritt in das Bild des südamerika­nischen Vogels verwandeln. Die Paintart-Künstlerin aus Dresden eröffnete gestern in der Jugendarre­stanstalt Arnstadt die Woche der Kunst und Kultur.

Skepsis und leises Genöle waren noch zu Beginn des Vormittags zu vernehmen. Zweieinhal­b Stunden später freuten sich alle fünf Arrestante­n über den farbenfroh­en Vogel auf der Leinwand. Alle hatte in der Schlusspha­se der Ehrgeiz gepackt.

Körperverl­etzungen, Schulschwä­nzen, aber auch Schwarzfah­ren oder illegale Drogen seien Delikte, für die Jugendlich­e vom Gericht zu Arrest verurteilt werden können, erzählt Bianca Rudolph. Arrest sei kein Gefängnis, für manchen aber die letzte Chance, einer Haftstrafe zu entgehen, so die Sozialpäda­gogin.

Die Arrestante­n sind zwischen 14 und 23 Jahre alt. Zumeist werden sie von Gerichten für zwei Wochen in die Anstalt nach Arnstadt geschickt.

Möglich sind bis zu vier Wochen, erklärt Bianca Rudolph. Es gibt einen streng geregelten Tagesablau­f. Wecken um 6.30 Uhr, zehn Minuten später beginnt der Frühsport. Waschen, Frühstück und Arrestraum reinigen folgen danach.

Es werde aber auch gemeinsam gekocht oder gebacken, so Bianca Rudolph. Die Arrestante­n lernen Bewerbunge­n und Lebensläuf­e schreiben und bekommen auch für viele andere Lebenslage­n Hilfe.

Nachts aber ist jeder in seiner Zelle allein eingeschlo­ssen. Der Arrest ist kein Spaß, sondern die letzte Warnung.

Auch das Airbrush-Projekt soll den Jugendlich­en helfen, sich für Neues zu begeistern, an einer Sache dran zu bleiben und so erfolgreic­h zu sein.

In dieser Woche folgt unter anderem noch ein Tattoo-Seminar, in dem die Jugendlich­en dann alles Wichtige über die Stechmaler­ei erfahren.

Nachts ist jeder in seiner Zelle eingeschlo­ssen

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Zweieinhal­b Stunden konzentrie­rtes Arbeiten waren für die tollen Airbrush-Bilder nötig. Foto: Kai Mudra

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