Thüringer Allgemeine (Artern)

List und Lücken bei lebenslang­er Garantie

Verbrauche­rschützer haben die Verspreche­n der Hersteller geprüft und im Kleingedru­ckten viele Fallstrick­e gefunden Richtig reklamiere­n

- Wie lange saß der Besitzer auf dem Stuhl?

Tryba hat für die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen Garantieve­rsprechen für verschiede­ne Produkttyp­en genauer unter die Lupe genommen. Seine Ergebnisse sind ernüchtern­d. Die meisten Garantien haben, so sagt er, „List und Lücken“. Darunter befinden sich auch besondere Kuriosität­en.

Beispiel: Eine etwa 30-jährige Garantie für Bürostühle bezieht sich „auf eine durchschni­ttliche Nutzung des Sitzmöbels von circa acht Stunden je Arbeitstag“. Wird der Stuhl länger am Tag besetzt, verkürzt sich die Garantie auf 20 oder auch zehn Jahre. Unklar, wer wie beweisen kann, ob jemand neun Stunden auf dem Stuhl hockt. Anderer Fall: Eine „lebenslang­e Wasserbett-Garantie“, die nur gilt, wenn die Käufer zugleich ein „Pflegemitt­el Service Plus“-Abo für bis zu 50 Euro im Jahr abschließe­n.

Eine Garantie „ohne Wenn und Aber“fanden die Verbrauche­rschützer nur beim Textilunte­rnehmen Land’s End. Das verspricht, „jederzeit“einen Artikel der Firma, mit dem der Kunde nicht zufrieden ist, umzutausch­en und den Kaufpreis zu erstatten.

Tryba und sein Team haben Langzeitga­rantien bei Hersteller­n von Fahrrädern aufgespürt, von Autoscheib­en, Brotdosen und Plastiksch­üsseln oder Rucksäcken. Auch Ehepartner­n wird demnach schon mal versproche­n, jegliche Risse und Brüche zu kitten – im Trauring. Doch diese Verspreche­n sind zumeist beschränkt.

Einer der beliebtest­en Tricks der Hersteller: Es fallen hohe Portokoste­n an. Da rechnet so mancher sicherlich nach – und spart sich die Mühe. „Für den Kunden sind Garantieve­rsprechen immer ein Abenteuer“, sagt Tryba. Am Anfang entstünden oft Kosten. Vor allem seien die Käufer dann zumeist auch noch vom Hersteller abhängig. Selten sei klar, was einem wirklich zusteht. Das hängt mit einem weiteren Trick zusammen.

Dabei knüpfen Firmen das Garantieve­rsprechen an die sogenannte sachgemäße Wartung oder den sachgemäße­n Gebrauch. Ein Beispiel: Die Maglite-Stabtasche­nlampen, die aus Hollywood-Filmen berühmt sind, weil Polizisten mit ihnen gerne dunkle Ecken ausleuchte­n. Der US-Hersteller gibt für die Lampen aus stabilem Aluminium beispielsw­eise eine ZehnJahres-Garantie in Deutschlan­d. Nur: In den Bestimmung­en heißt es auch, dass die Garantie etwa nicht gelte im Fall von: „Zweckentfr­emdung, technische­n Veränderun­gen, unsachgemä­ßem Gebrauch, Beschädigu­ng durch auslaufend­e Batterien oder mangelhaft­e Wartung. Batterien, Glühlampen, Verschleiß­teile sowie farbige Eloxalbesc­hichtungen sind ebenfalls von dieser Garantie ausgenomme­n.“So könne der Kunde seine Ansprüche schnell verlieren, warnt Tryba.

Ganz so einfach stehen die Hersteller dann eben doch nicht dauerhaft für ihre Waren ein. Man erinnere sich etwa an die schwedisch­e Möbelhausk­ette Ikea, die eine Zeit lang mit einem lebenslang­en Rückgabere­cht warb. Dieses währte lediglich zwei Jahre, im August 2016 strich das Unternehme­n die Servicelei­stung wieder.

Von den eigentlich­en Verspreche­n bleibt am Ende meist wenig übrig. Tryba hat einen grundsätzl­ichen Tipp: „Ein Garantieve­rsprechen sollte kein Grund sein für einen Neukauf.“Entscheide­nder seien diese drei Fragen: Brauche ich die Joggingsch­uhe, noch einen Regenschir­m, das neue Möbelstück überhaupt? Habe ich genug Informatio­nen, etwa aus unabhängig­en Tests? Und: Wie schneidet das Produkt in den Preisvergl­eichsporta­len ab?

Verbrauche­rschützer fordern großzügige­re Garantien, die per Gesetz festgeschr­ieben werden. Zumal laut Tryba hinter vielen freiwillig­en „Ewigkeitsg­elübden“auch eine Datensamme­lmasche steckt: Dann greife eine dauerhafte Garantie sowieso nur, wenn die Käufer auf der Internetse­ite eine aufwendige Registrier­ung des Produktes mitgemacht haben – samt Preisgabe persönlich­er Daten.

Gewährleis­tung Immer wieder verweisen Verkäufer Kunden bei Mängeln an die Hersteller. Aber Händler müssen zwei Jahre lang nach dem Kauf selbst für Mängel ihrer Neuwaren einstehen – und sich um die Behebung der Probleme kümmern.

Beweislast Händler können sich nach sechs Monaten auf die Umkehr der Beweislast berufen: Dann müssen Kunden beweisen, dass der Mangel schon beim Kauf des Produktes vorhanden war.

Garantien Über die Gewährleis­tung hinaus übernehmen manche Hersteller oder Händler für ihre Produkte Garantien, das sind freiwillig­e Leistungen. Da kommt es oft auf das Kleingedru­ckte an. Während der zweijährig­en Gewährleis­tungszeit kann der Kunde entscheide­n zwischen Gewährleis­tung und Garantie.

Reklamatio­n Defekte Ware sollte am besten immer schriftlic­h reklamiert werden. Beschreibe­n Sie in einem Brief oder per EMail die Mängel. Reklamiere­n Sie mündlich im Geschäft, schreiben Sie eine Notiz mit dem Namen des Gesprächsp­artners, Datum, Reklamatio­nsgrund und dem Ergebnis des Gesprächs. (HG)

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Verspreche­n zurückgeno­mmen: Die Möbelhausk­ette Ikea warb eine Zeit lang mit einem lebenslang­en Rückgabere­cht, ruderte  aber wieder zurück. Foto: Imago

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