Siegesmund bekommt Großbehörde
Kabinett fasst am nächsten Dienstag erste Beschlüsse zur Verwaltungsreform. Warum Rot-Rot-Grün bisher beim Umbau der Landesverwaltung nicht vorankam
Erfurt. Nächsten Dienstag soll es so weit sein. Das Kabinett, das bestätigte Regierungssprecher Günther Kolodziej, werde sich dann mit dem Umbau der Landesverwaltung befassen.
Näheres mochte er keinesfalls mitteilen. Doch wie übereinstimmend aus der Koalition zu vernehmen ist, soll es nun doch die von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) seit Langem gewünschte Großbehörde geben. Dafür wird die Landesanstalt für Umwelt und Geologie mit dem Bergamt und der zugehörigen Fachabteilung des Landesverwaltungsamtes in Weimar fusioniert.
Die neue obere Landesbehörde soll „Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz“heißen. Allerdings dürften die meisten Bediensteten an ihren Arbeitsorten in Jena (TLUG) und in Gera (Bergamt) bleiben. Den Neubau, den die Ministerin in ihrem Jena geplant hatte, gibt es nicht. Siegesmund darf bloß die Fachgebiete konzentrieren und die Zuständigkeiten neu ordnen.
Doch schon dies ist Ergebnis langwieriger interner Verhandlungen, die nach dem rot-rotgrünen Regierungsantritt 2015 begannen. Unter der Leitung des linken Staatskanzleichef Benjamin Hoff wurde damals eine Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) wurde gebildet. Dazu richtete man eine Stabsstelle in der Regierungszentrale ein.
Alle Ministerien wurden abgefragt, jede Abteilung und Behörde durfte ihre Sicht beitragen. Parallel dazu verabschiedete die Koalition im Landtag ein „Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen“, in dem stand, dass von den drei Verwaltungsebenen (Ministerien, Mittelbehörden, Kommunen) die mittlere Ebene wegfallen solle. Zweistufigkeit lautete der zentrale Begriff.
Doch dann stockte die Debatte. Die befragten Ministerialen meinten, dass ihre Zuständigkeiten ausgebaut werden müssten – und dass kaum eine Aufgabe an die Kommunen abzugeben sei.
Die Minister und Staatssekretäre taten es ihnen ähnlich. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) wollte das ihm unterstellte Landesverwaltungsamt ausbauen. Siegesmund und Bauministerin Birgit Keller (Linke) bastelten hingegen an neuen Großbehörden, wobei sie die entsprechenden Fachabteilungen vom Landesverwaltungsamt amputieren wollten.
Während sich in der IMAG die Staatssekretäre bekriegten, produzierte ein frustrierter Minister Hoff immer längere Papiere. Nur Entscheidungen wurden nicht getroffen. Die einzige Festlegung: Das von der Vorgängerregierung übernommene Personalabbauziel von knapp 9000 Stellen bis zum Jahr 2020 wurde um fünf Jahre gestreckt.
Dann, im Juni dieses Jahres, scheiterte Rot-Rot-Grün mit dem Vorschaltgesetz zur Gebietsreform vor dem Verfassungsgericht. Daraufhin verschob die Koalition die neuen Kreisstrukturen – und Georg Maier wurde Innenminister. Dazu verabredeten Linke, SPD und Grüne im Koalitionsausschuss, dass die Regierung „bis Mitte September (...) eine Festlegung zur künftigen Struktur der Landesverwaltung treffen“sollte. Tatsächlich kam so wieder Bewegung in die Verhandlungen.
Doch der neue Innenminister räumte die alte Blockadeposition beim Landesverwaltungsamt nur halb, auch weil ihn sein Staatssekretär bremste – was Hoff aufbrachte. Als Maier dann noch öffentlich die IMAG als „ineffizient“schalt, kam es zum Streit mit dem Staatskanzleichef. Trotzdem gibt es nun einen Kompromiss. Als Ersatz für die Umweltabteilung soll Maier im Landesverwaltungsamt eine Abteilung mit dem schicken Titel „Kompetenzzentrum Verwaltung 4.0“bekommen, die sich um die Digitalisierung kümmern wird. So will der Minister einen Großteil der Bediensteten aus der bisherigen Umweltabteilung in Weimar halten. Wo dann Siegesmund ihre Experten her- und hinbekommt, ist noch unklar.
Auch Infrastrukturministerin Keller darf ihre nachgeordneten Ämter in zwei Großbehörden für Bau und Landwirtschaft neu bündeln. Aus dem Landesverwaltungsamt erhält sie aber nur die sogenannte Zahlstelle, also das Referat, das die Subventionen für die Landwirte verwaltet.
Stellen eingespart würden dadurch übrigens kaum, hieß es. Angesichts immer zahlreicherer Regelungen und Auflagen im Umwelt- und Agrarbereich – etwa durch EU-Verordnungen – werde aber immerhin zusätzliches Personal vermieden.