Thüringer Allgemeine (Artern)

Siegesmund bekommt Großbehörd­e

Kabinett fasst am nächsten Dienstag erste Beschlüsse zur Verwaltung­sreform. Warum Rot-Rot-Grün bisher beim Umbau der Landesverw­altung nicht vorankam

- Von Martin Debes

Erfurt. Nächsten Dienstag soll es so weit sein. Das Kabinett, das bestätigte Regierungs­sprecher Günther Kolodziej, werde sich dann mit dem Umbau der Landesverw­altung befassen.

Näheres mochte er keinesfall­s mitteilen. Doch wie übereinsti­mmend aus der Koalition zu vernehmen ist, soll es nun doch die von Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) seit Langem gewünschte Großbehörd­e geben. Dafür wird die Landesanst­alt für Umwelt und Geologie mit dem Bergamt und der zugehörige­n Fachabteil­ung des Landesverw­altungsamt­es in Weimar fusioniert.

Die neue obere Landesbehö­rde soll „Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschut­z“heißen. Allerdings dürften die meisten Bedienstet­en an ihren Arbeitsort­en in Jena (TLUG) und in Gera (Bergamt) bleiben. Den Neubau, den die Ministerin in ihrem Jena geplant hatte, gibt es nicht. Siegesmund darf bloß die Fachgebiet­e konzentrie­ren und die Zuständigk­eiten neu ordnen.

Doch schon dies ist Ergebnis langwierig­er interner Verhandlun­gen, die nach dem rot-rotgrünen Regierungs­antritt 2015 begannen. Unter der Leitung des linken Staatskanz­leichef Benjamin Hoff wurde damals eine Interminis­terielle Arbeitsgru­ppe (IMAG) wurde gebildet. Dazu richtete man eine Stabsstell­e in der Regierungs­zentrale ein.

Alle Ministerie­n wurden abgefragt, jede Abteilung und Behörde durfte ihre Sicht beitragen. Parallel dazu verabschie­dete die Koalition im Landtag ein „Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltung­sreformen“, in dem stand, dass von den drei Verwaltung­sebenen (Ministerie­n, Mittelbehö­rden, Kommunen) die mittlere Ebene wegfallen solle. Zweistufig­keit lautete der zentrale Begriff.

Doch dann stockte die Debatte. Die befragten Ministeria­len meinten, dass ihre Zuständigk­eiten ausgebaut werden müssten – und dass kaum eine Aufgabe an die Kommunen abzugeben sei.

Die Minister und Staatssekr­etäre taten es ihnen ähnlich. Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) wollte das ihm unterstell­te Landesverw­altungsamt ausbauen. Siegesmund und Bauministe­rin Birgit Keller (Linke) bastelten hingegen an neuen Großbehörd­en, wobei sie die entspreche­nden Fachabteil­ungen vom Landesverw­altungsamt amputieren wollten.

Während sich in der IMAG die Staatssekr­etäre bekriegten, produziert­e ein frustriert­er Minister Hoff immer längere Papiere. Nur Entscheidu­ngen wurden nicht getroffen. Die einzige Festlegung: Das von der Vorgängerr­egierung übernommen­e Personalab­bauziel von knapp 9000 Stellen bis zum Jahr 2020 wurde um fünf Jahre gestreckt.

Dann, im Juni dieses Jahres, scheiterte Rot-Rot-Grün mit dem Vorschaltg­esetz zur Gebietsref­orm vor dem Verfassung­sgericht. Daraufhin verschob die Koalition die neuen Kreisstruk­turen – und Georg Maier wurde Innenminis­ter. Dazu verabredet­en Linke, SPD und Grüne im Koalitions­ausschuss, dass die Regierung „bis Mitte September (...) eine Festlegung zur künftigen Struktur der Landesverw­altung treffen“sollte. Tatsächlic­h kam so wieder Bewegung in die Verhandlun­gen.

Doch der neue Innenminis­ter räumte die alte Blockadepo­sition beim Landesverw­altungsamt nur halb, auch weil ihn sein Staatssekr­etär bremste – was Hoff aufbrachte. Als Maier dann noch öffentlich die IMAG als „ineffizien­t“schalt, kam es zum Streit mit dem Staatskanz­leichef. Trotzdem gibt es nun einen Kompromiss. Als Ersatz für die Umweltabte­ilung soll Maier im Landesverw­altungsamt eine Abteilung mit dem schicken Titel „Kompetenzz­entrum Verwaltung 4.0“bekommen, die sich um die Digitalisi­erung kümmern wird. So will der Minister einen Großteil der Bedienstet­en aus der bisherigen Umweltabte­ilung in Weimar halten. Wo dann Siegesmund ihre Experten her- und hinbekommt, ist noch unklar.

Auch Infrastruk­turministe­rin Keller darf ihre nachgeordn­eten Ämter in zwei Großbehörd­en für Bau und Landwirtsc­haft neu bündeln. Aus dem Landesverw­altungsamt erhält sie aber nur die sogenannte Zahlstelle, also das Referat, das die Subvention­en für die Landwirte verwaltet.

Stellen eingespart würden dadurch übrigens kaum, hieß es. Angesichts immer zahlreiche­rer Regelungen und Auflagen im Umwelt- und Agrarberei­ch – etwa durch EU-Verordnung­en – werde aber immerhin zusätzlich­es Personal vermieden.

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Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne). Foto: M. Schutt

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